106. Stück: Kinojahresrückblick 2023 – die besten und schlechtesten Filme

2023 war ein sehr gutes Kinojahr – ich habe zwar noch nicht wieder mein Filmpensum von vor Corona erreicht, aber trotzdem habe ich letztes Jahr sehr viele herausragende und viele gute Filme gesehen und nur wenige echte Flops. Insofern ist mein Kinojahresrückblick dieses Mal wieder etwas anders. Ich werde euch die 10 besten und die 5 schlechtesten Filme von 2023 vorstellen. Bei den „schlechtesten“ Filmen musste ich auch solche mit aufnehmen, die gar nicht so misslungen waren, aber mich aus verschiedenen Gründen enttäuscht haben.

Und? Welche Filme haben euch im letzten Jahr am besten und am wenigsten gefallen? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt! 🙂

Top 10: Die besten Filme von 2023

10. „The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum

„The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum ist ein außergewöhnlicher, einfallsreicher und origineller Film, der vor allem Cineasten und Menschen, die selbst beim Film/Schauspiel-Bereich arbeiten oder mal gearbeitet haben, begeistern dürfte. Die Welt, in der der Film spielt, gliedert sich streng hierarchisch in Hauptfiguren, Nebenfiguren und Outtakes (das sind Fehlbesetzungen, Filmfehler, Jump-Cuts usw.) – wobei die Outtakes am Rande der Gesellschaft ihr Dasein fristen, geächtet werden, jederzeit verhaftet werden können und als Sündenböcke für alles dienen, was in der Gesellschaft schiefläuft.

Wir folgen der Tochter einer Nebenfigur und einer großen, verstorbenen Hauptfigur, Paula, auf ihrem Weg, ihre Prüfung an der Hauptfigurenschule zu bestehen und ihren verstorbenen Vater zu finden. Dabei kommt sie einem lange gehüteten Familiengeheimnis auf die Spur und lernen die Welt der Filmfiguren kennen. Das ist spannend und unterhaltsam, gespickt mit Filmzitaten und Genreverweisen jeder Art – also für Filmfans ein großes Vergnügen.

Nun folgt aber auch Kritik auf hohem Niveau. Leider wirkt der Erzählfluss manchmal nicht ganz geschmeidig und das Spiel der Schauspieler immer mal wieder oberflächlich, hölzern und etwas unbeholfen. Da hatte ich zwischendurch den Eindruck, die Figuren und die Handlung wurden in die Idee, das Konzept hineingepresst, und das hat nicht immer ganz gepasst. Dann gibt es einen deutschen Filmschauspielstil, der mit Nuscheln und Murmeln einhergeht, um Emotionalität vorzugaukeln, aber dann versteht man die Leute nicht. Das hat man in deutschen Dramen leider ganz oft oder auch in deutschen Krimis. Das soll wohl authentisch wirken, aber damit etwas authentisch wirkt, muss man besonders hart an seiner Sprache und seiner Spieltechnik arbeiten. Das ist ja überall so, dass es umso mehr Arbeit im Hintergrund ist, je weniger man von dieser Arbeit nach außen hin sehen soll. Tänzer trainieren besonders hart, damit ihr Tanz mühelos wirkt, zum Beispiel.

Ich fand den diversen Cast toll, denke aber, daraus hätte man noch mehr machen können. Hannah und Simon hätten zum Beispiel noch mehr ein eigenes Profil und einen eigenen Charakter haben können, anstatt nur Paula auf ihrem Weg zu helfen. Die Fehlbesetzung, das Hausmädchen Hilde, war ein Mann in Frauenkleidern, der dann eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt. Das hätte Potenzial gehabt, dieses Männer-in-Frauenkleidern-als-Witz-Motiv kritischer zu beleuchten.

Fazit: Insgesamt aber ein toller Film, der hoffentlich ein breites Publikum finden wird. Ich bin sehr gespannt, was die Regisseurin uns Filmfans in Zukunft noch bieten wird. Also: nicht verpassen!

9. „Asteroid City“ von Wes Anderson

„Asteroid City“ von Wes Anderson überträgt das Absurde Theater auf die Leinwand und hinterlässt das Publikum mit einem riesengroßen Fragezeichen zurück – macht aber trotzdem Spaß. Wie auch in Stücken von Ionesco (z. B. „Die kahle Sängerin“) oder Beckett (z. B. „Warten auf Godot“) gibt es keine wirklich nacherzählbare Handlung, aber durch den absurden Humor, die stoische Haltung der Figuren und die lakonischen Dialoge entstehen trotzdem Unterhaltung und Witz.

Wir sind nach dem Film noch mit zwei anderen Zuschauern ins Gespräch gekommen, die uns gefragt hatten, ob wir den Film verstanden hätten. Unsere Antwort war: Lol, nein. Ach, ein Glück, dann lag es nicht an uns, war ihre Antwort und wir waren uns einig, dass man trotz der Absurdität die ganze Zeit am Ball blieb und dem Geschehen auf der Leinwand interessiert zugeschaut hat.

Passend zur Tradition des Absurden Theaters bildet die Entstehung und Aufführung des Theaterstücks „Asteroid City“ die Rahmenhandlung. Im Kontrast zu den bunten Bildern im 16:9-Format der Binnenhandlung ist die Rahmenhandlung in Schwarzweiß und 4:3-Format gehalten. Zwischendurch sieht man die Schauspieler, die ihre eigene Rolle in der Binnenhandlung kommentieren. Einer der Schauspieler sagt kurz vor Schluss: „Ich verstehe das Stück immer noch nicht“ – und gibt damit wider, wie man sich als Zuschauer nach dem Abspann fühlt.

Fazit: Skurril, schräg und absurd, mit lakonischem, trockenem Humor – wie man es von anderen Wes-Anderson-Filmen kennt. Dabei macht der Film aber sehr viel Spaß. Lohnt sich!

8. „Oppenheimer“ von Christopher Nolan

„Oppenheimer“ von Christopher Nolan ist ein starkes Drama, das seinen Sog erst mit der Zeit entwickelt. Am Anfang läuft der Film etwas schwergängig an, es dauert, bis alle Handlungsstränge und Puzzlestücke zusammenkommen und die Geschichte Form annimmt. Man braucht also Geduld und sollte nicht allzu müde sein, sonst kann es passieren, dass man in der ersten Stunde immer wieder wegnickt (so wie meine Wenigkeit), obwohl der Film nicht langweilig oder schlecht ist. Er lässt sich bloß am Anfang Zeit, um die Geschichte zu erzählen – und die geht nur oberflächlich um Oppenheimer und die Atombombe.

Es geht auch um die Paranoia und den Antikommunismus in der Mc-Carthy-Ära. Um Misstrauen und moralische Fragen. Darum, was ein Genie ausmacht.Die menschliche Hybris. Forschergeist und Freundschaft – und das Zerbrechen von Freundschaften. Die innere Zerrissenheit Oppenheimers wird durch ein intensives Sounddesign und einen bedrohlich brodelnden Soundtrack fühlbar gemacht. Doch wirklich sympathisch ist hier niemand in diesem Film. Die Schauspieler sind dabei durch die Bank weg grandios und überzeugend.

Fazit: Gelungener Historienfilm – unbedingt sehenswert!

7. „The Whale“ von Darren Aronofsky

„The Whale“ von Darren Aronofsky ist ein Film, der an die Nieren geht und einen auch nach dem Kinobesuch nicht so schnell wieder loslässt. Der auf einem Theaterstück beruhende Film spielt die ganze Zeit über in der verwahrlosten dunklen Wohnung der Hauptfigur Charlie, der nach dem Tod seines Partners den Lebenswillen und die Kontrolle verloren hat. Durch sein extrem hohes Körpergewicht ist er nahezu unbeweglich, jede Bewegung kostet ihn wahnsinnig viel Kraft – und: Er stirbt. Sein Herz und seine Lunge machen nicht mehr lange mit, wie seine gute Freundin Liz (eine Krankenschwester) ihm zu Beginn klarzumachen versucht. Seine letzten Tage will er nutzen, um sich mit seiner Tochter auszusöhnen, die er (zusammen mit ihrer Mutter) verlassen hat, als sie acht Jahre alt war. Doch das erweist sich als schwierig, denn die Tochter ist ein wütender, verbitterter, hasserfüllter Teenager – oder wirkt zumindest so. Charlie sieht das anders.

Ich bin noch nicht sicher, was die Geschichte von „The Whale“ mit Herman Melvilles „Moby Dick“ zu tun hat – aber es gibt eine Verbindung. Vielleicht, weil in diesem Film die Figuren alle auf der Suche nach Wahrhaftigkeit sind, so wie in dem Roman alle auf der Suche nach dem weißen Wal. Darauf muss ich noch ein wenig herumdenken.

Die Schauspieler sind alle großartig, nicht nur Brendan Fraser, der sich den Oscar redlich verdient hat. Man leidet mit allen Figuren mit und teilweise ist es am Rande des Erträglichen, hinzuschauen. Aber der Film lässt einen nicht kalt, klingt außerhalb des Kinosaals noch nach und – um ihn zu zitieren – bringt einen dazu, über sein eigenes Leben nachzudenken.

Fazit: Kein einfacher Film, aber ein sehr guter Film. Sehenswert, lohnt sich!

6. „Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem“ von Jeff Rowe und Kyler Spears

„Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem“ von Jeff Rowe und Kyler Spears hat mich positiv überrascht. Erwartet hatte ich Trash mit hohem Cringe-Faktor und einen potenziellen Kandidaten für meine Flop-2023-Kinofilmliste am Jahresende – aber stattdessen war der Film unterhaltsam, spannend, gut erzählt, mit lauter skurrilen Figuren, die ans Herz wachsen, und war hervorragend animiert mit einer außergewöhnlichen Ästhetik.

Leonardo, Donatello, Michelangelo und Raphael sind vier ganz normale Teenager – nur dass sie mutierte Riesenschildkröten sind. Ihr Ziehvater Splinter, eine mutierte Riesenratte, erzieht sie liebevoll, aber streng. Er will sie vor der Außenwelt und den Menschen schützen, unterschätzt dabei aber die Sehnsucht seiner Kinder nach Normalität, Freundschaften mit Gleichaltrigen etc. Es kommt, wie es kommen muss: Die vier büxen aus, freunden sich mit einem Menschenmädchen an und wollen gemeinsam einen fiesen Superschurken aufhalten, um als Helden gefeiert und von den Menschen gemocht zu werden. Das ist bloß nicht so einfach, wie sie sich das vorstellen …

Fazit: Spannender und unterhaltsamer Animationsfilm mit ästhetisch einzigartigen Bildern, die sowohl Kennern der Teenage Mutant Ninja Turtles als auch denen, die mit den Geschichten nicht vertraut sind, Spaß macht.

5. „She Said“ von Maria Schrader

„She Said“ von Maria Schrader ist ein fesselnder Journalismus-Thriller über die Reporterinnen von der New York Times, die den Harvey-Weinstein-Skandal recherchiert und die #MeToo-Bewegung ins Rollen gebracht haben. Ohne Schnörkel, ohne Schnickschnack erzählt der Film die Geschichte – geradlinig, sachlich und spannend. Wie Stück für Stück das Ausmaß des Machtmissbrauchs und sexuellen Missbrauchs junger Frauen in der Filmbranche aufgedeckt wird, ist gerade durch die sachliche Art der Erzählung besonders erschreckend.

Fazit: Unbedingt sehenswert!

4. „Cocaine Bear“ von Elizabeth Banks

„Cocaine Bear“ von Elizabeth Banks ist kompromissloser Trash mit einer riesigen Portion tiefschwarzen Humors. Die Prämisse, dass ein Bär Koks gefunden hat und völlig high Amok läuft, wird knallhart und konsequent bis zum Ende durchgezogen. Das könnte man als schlicht kritisieren – aber wenn man sieht, wie viele Filme mit einfacheren Ausgangssituationen sich heillos in Belanglosigkeiten und Nebenschauplätzen verzetteln (looking at you: „Tatort“), ist es meiner Meinung nach schon wieder große Kunst, eine (zugegebenermaßen absurde) Ausgangslage bis zuletzt auszureizen, ohne zimperlich zu sein oder sich um die Grenzen des guten Geschmacks zu scheren.

Die Schauspieler scheinen einen Heidenspaß an ihren Rollen und der durchgeknallten Handlung zu haben, spielen ihre Figuren aber trotzdem ernsthaft – was den komischen Effekt umso mehr verstärkt. Dabei sind die Rollen ebenso überzeichnet wie die Handlung. Dann das Ganze noch im trashigen 80er-Jahre-Look, ordentlich Gesplatter und einem tollen Soundtrack – großartig!

Fazit: Der Film macht unglaublich viel Spaß! Unbedingt sehenswert.

3. „Barbie“ von Greta Gerwig

„Barbie“ von Greta Gerwig ist ein quietschpinker Spaß mit ernsten Untertönen – die jedoch mit so viel Charme, Humor und Leichtigkeit in die Handlung eingewoben sind, dass der Film nie nervig-moralinsauer wird. Wobei: Das scheinen „Konservative“ in den USA ja anders zu sehen, die sich – nachdem die Tobsuchts- und Trotzanfälle infolgedessen, dass die kleine Meerjungfrau in der Realverfilmung nicht die von ihnen bevorzugte Hautfarbe aufwies, wieder abgeebbt sind – gar fürchterlich darüber echauffieren, dass es im Film „Barbie“ vor allem um Barbie geht. Genauer: darum, wofür Barbie steht, nämlich eine selbstbestimmte Frau, der alle Möglichkeiten offen stehen und die selbst für sich entscheidet, was sie aus ihrem Leben machen will. Das ist jedoch nicht alles. Denn Barbie kommen Selbstzweifel, sie gerät in eine Sinnkrise und muss sich auf den Weg in die echte Welt machen, um den Ursachen für ihre düsteren Todesgedanken und plötzlich anatomisch korrekten Füße auf den Grund zu gehen. Im Schlepptau: Ken, der ihr treu ergeben überall hinterher dackelt.

Nun ist in der echten Welt aber nichts so, wie Barbie es sich vorgestellt hat. Die Frauen können nicht selbstbestimmt zwischen allen möglichen Optionen frei wählen. Sie zerreiben sich zwischen Arbeit, Familie und ihren eigenen Zielen, das Sagen haben die Männer, sie haben die Macht und bestimmen alles. Was wiederum Ken gefällt, war es doch in Barbie-Land umgekehrt. Und so bringt Ken das Patriarchat nach Barbie-Land und die Kens reißen die Macht an sich. Dabei ruinieren sie alles, machen alles kaputt und müssen die Barbies zu hohlen Dummchen gehirnwaschen, damit diese sie anhimmeln und sich von ihnen mies und respektlos behandeln zu lassen. Doch es regt sich Widerstand …

Fazit: Am Ende ist Barbie ein urkomisches, liebenswertes, buntes und wunderbares Plädoyer für die Gleichberechtigung, Chancengleichheit, gegenseitigen Respekt und gegenseitige Unterstützung. Da muss man wohl schon ein ziemliches A****loch sein, um deswegen trotzige Wutanfälle zu bekommen. Nicht verpassen!

2. „Babylon – Rausch der Ekstase“ von Damien Chazelle

„Babylon – Rausch der Ekstase“ von Damien Chazelle ist ein atemberaubender Galopp durch die Filmgeschichte, der im hohen Tempo von den Anfängen Hollywoods und des Startums, dem Bruch durch die Tonfilmära und den Schicksalen der beteiligten Schauspieler und Filmmenschen erzählt. Begleitet wird dieser Höllentrip durch einen rasenden Soundtrack, der die rauschende Atmosphäre noch intensiver macht. Wenn das Tempo zwischendurch bewusst einbricht, entfalten diese Pausen einen urkomischen Witz. Das Timing ist einfach brillant und als Zuschauer sitzt man – reizüberflutet, aber begeistert – da und fragt sich, wo bin ich denn hier hineingeraten?

Der Trailer ließ einen Roaring Twenties Film à la „Der Große Gatsby“ vermuten, vielleicht noch im Mix mit „Once Upon A Time in Hollywood“ – aber „Babylon“ unterscheidet sich dann doch noch von diesen beiden Filmen durch seine Gnadenlosigkeit. Glanz, Glamour, Glitter? Ja, schon. Aber auch Körperflüssigkeiten jeder Couleur, Ängste, Scheitern, Versagen und Tod. Da bleibt zwischendurch das Lachen im Hals stecken – dann bricht es wieder aus vollem Hals hervor.

Das Drehbuch, die Dialoge und die Figuren sind einfach großartig geschrieben, die Inszenierung und mise en scène fantastisch und die Schauspieler durch die Bank weg grandios. Das ist ein Film, der fürs Kino gemacht und gleichzeitig eine Hommage und Liebeserklärung ans Kino ist; auch wenn es zwischendurch nach Hassliebe aussieht.

Fazit: Lohnt sich unbedingt! Vielleicht nicht unbedingt etwas für schwache Nerven, aber für Filmfans definitiv.

1. „The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh

„The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh ist ein echtes Filmjuwel. Die Ausgangssituation ist das Ende einer Freundschaft. Colm möchte plötzlich nichts mehr mit Pádraic zu tun haben und verlangt, dass dieser ihn in Ruhe lasse. Pádraic versteht die Welt nicht mehr, möchte wissen, was er falsch gemacht habe, doch da sei nichts, so Colm. Er findet seinen ehemaligen Freund einfach nicht mehr interessant und möchte sich lieber wichtigeren Dingen widmen, genauer: seiner Musik – denn die werde auch nach seinem Tod noch bleiben.

McDonagh nimmt seine Figuren bei dieser Geschichte stets ernst und schildert voller Empathie, wie die Situation immer weiter eskaliert. Dadurch bleibt die Handlung immer schlüssig, auch wenn sie immer absurder wird. Und man schließt alle Figuren ins Herz, seien es die beiden Männer, den Polizistensohn Dominic oder Pádraics kluge Schwester Siobhan. Obwohl das Weltbewegende nicht auf der Insel selbst, sondern auf dem Festland passiert – im April 2023 wütet in Irland noch der Bürgerkrieg – bleibt es spannend. Denn die Welt, in der Pádraic und Colm zu Hause sind, gerät durch die scheinbar willkürliche Entscheidung des älteren Mannes plötzlich aus den Fugen. Am Ende ist nichts mehr, wie es mal war. Ihre Welt ist zerstört, und das ohne einen wirklichen Grund.

Das klingt so, als sei das fürs Publikum frustrierend. Schließlich will man ja schon wissen, warum die Figuren tun, was sie tun. Aber durch die mitfühlende Art, wie die Geschichte erzählt wird, und das hervorragende Schauspiel insbesondere Colin Farrells und Brendan Gleesons kann man nachempfinden, wie es den Menschen auf der Insel geht. Auch wenn man sich fragt, ob es wirklich so hätte eskalieren müssen, ob es nicht auch eine Versöhnung hätte geben können – aber dann hätten wir eben keine Geschichte und einen wunderbaren, einzigartigen Film weniger. Die pointierten Dialoge sind voll mit trockenem Witz, bleiben dabei aber immer innerhalb der Handlung – also, hier geht’s nicht darum, einfach absurde Sätze abzusondern. So sprechen die Figuren in der Geschichte eben miteinander.

Fazit: Originelle Geschichte, liebenswerte Figuren, tolle Schauspieler und große Erzählkunst. Unbedingt sehenswert!

Flop 5: Die schlechtesten Filme von 2023

5. „Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese

„Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese hat mich etwas zwiegespalten zurück gelassen. Einerseits beleuchtet der Film ein Kapitel der US-amerikanischen Geschichte, das mir bislang unbekannt war, und die Story ist vielschichtig und spannend. Andererseits fällt es schwer mit den männlichen Hauptfiguren mitzufiebern, weil das alles so fürchterliche Menschen sind, die von den niederträchtigsten Motiven angetrieben werden. Dieses Ausmaß an Arschigkeit ist für mich nicht nachvollziehbar. Und leider ist von vornherein klar, dass wir es bei den von Robert De Niro und Leonardo Di Caprio gespielten Figuren mit charakterlich komplett verkorksten Persönlichkeiten zu tun haben. Warum sich Molly in Ernest verliebt und so lange bei ihm bleibt und ihm vertraut, ist mir während der gesamten rund 3,5 Stunden schleierhaft geblieben.

Apropos, rund 3,5 Stunden: Das hätte meiner Meinung nach nicht Not getan, der Film ist zu lang. Die Handlung hätte man auch straffer und noch mehr aus der Perspektive der Osage erzählen und schneller zu den Ermittlungen durch das neu gegründete FBI kommen können, dann wäre der Film richtig fesselnd geworden. So ist er zuweilen etwas zäh und langatmig geraten.

Was allerdings sehr gut dargestellt wird, ist die toxische Beziehung von Ernest zu seinem Onkel, seine Abhängigkeit von ihm, die ihn zum leichten Opfer von Will Hales Manipulationen, kriminellen Machenschaften und Intrigen macht. Das spielen Di Caprio und De Niro wirklich großartig. Allerdings eben auch so großartig, dass es schwerfällt Sympathie für einen der beiden zu empfinden.

Fazit: Schlecht ist der Film nicht, aber sehr lang und streckenweise langatmig. Aus der Story hätte man einen spannenden Krimi machen können, daher ist es schade, dass der Fokus vor allem auf die zerstörerische Beziehung zwischen Onkel und Neffe gelegt wurde, nicht auf die perfide Ausbeutung der Osage und die Mordserie. Da wurde leider Potenzial verschenkt.

4. „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ von James Mangold

„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ von James Mangold ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich herausragend. Die Geschichte ist ohne wesentliche Überraschungen geradlinig erzählt und die Handlung nicht besonders originell. Es ist im Grunde ein typischer Indiana-Jones-Film mit Nazis, die eins auf die Zwölf bekommen, irgendeinem antiken, magischen Dingsbums, hinter dem alle her sind, und Verfolgungsjagden.

Neu ist dieses Mal, dass Indiana Jones mit seiner Patentochter zusammen nach dem antiken Dingsbums sucht, und dass er doch einigermaßen in die Jahre gekommen ist. Ich fand es dabei irritierend, dass zwischen der Anfangshandlung mit einem digital stark verjüngten Harrison Ford, die Anfang der 40er spielt, und der Haupthandlung im Jahr 1969 nur ca. 25-27 Jahre vergangen sind. Und trotzdem ist Indiana Jones in dieser Zeit gut 40 Jahre gealtert. Das haute nicht ganz hin. Warum die Haupthandlung nicht zu Anfang der 80er Jahre angesiedelt ist, erschließt sich nicht so ganz. Vielleicht wegen der Mondlandung, die spielt am Rand eine kleine Rolle. Na ja.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass der Film grottenschlecht ist. Er ist durchaus unterhaltsam trotz seiner Länge von über 2,5 Stunden. Gerade für Indiana-Jones-Fans ist der Film spaßig und lustig und kann mit Nostalgiefaktor punkten.

Fazit: Kann man sich angucken, aber man verpasst auch nicht allzu viel, wenn man den Film nicht sieht.

3. „Operation Fortune“ von Guy Ritchie

„Operation Fortune“ von Guy Ritchie enthält eigentlich alle Zutaten für einen unterhaltsamen Actionfilm: irgendeine wahnsinnig komplizierte, unheimlich geheime Waffendingstechnologie, die die ganze Welt ins Chaos stürzen kann, gerät sie in die falschen Hände. Ein Haufen Haudegen, die ebendies zu verhindern trachten. Markige, coole Sprüche mit einer Prise Humor. Und Jason Statham. Allerdings sind diese Ingredienzien hier recht lieblos und ohne Charme zusammengerührt, sodass der dabei entstehende Action-Eintopf nicht besonders originell daherkommt und auch die Spannung auf der Strecke bleibt.

Tatsächlich wissen selbst die Protagonisten in der Geschichte die meiste Zeit über nicht, worum es eigentlich geht. Der Auftrag an Jason Statham und sein Team lautet buchstäblich: „Finden Sie erstmal heraus, worum es sich handelt, und verhindern Sie, dass es in die falschen Hände gelangt.“ Also, wenn das mal nicht die Mutter aller McGuffins ist – allerdings wird Hitchcock schon gewusst haben, warum seine McGuffins immer etwas konkreter waren als „Joa, wir wissen auch nicht genau, was da geklaut wurde, aber das war eine ganz große Sache.“ Es klärt sich dann zwar irgendwann in der zweiten Filmhälfte auf, worum es sich handelt, aber bis dahin ist man schon mittendrin in der Handlung.

Leider nahm der Film sich trotz der vereinzelten Frotzeleien zwischen den Figuren streckenweise viel zu ernst. Dadurch wirkten die vielen verprügelten und erschossenen Statisten und Nebenfiguren zu „echt“ und zu brutal. Ja, eigentlich ist das auch bei lustigeren Actionfilmen so, auch bei Bud Spencer und Terrence Hill kriegen sämtliche Nebenfiguren und Statisten ordentlich eins auf die Zwölf. Das ist aber so übertrieben und überspitzt, dass alle immer wissen, dass das gespielt ist. So kann man das dann auch unterhaltsam finden. Bei „Operation Fortune“ aber gelingt das so nicht.

Ansonsten rauscht der Film durch die Handlung und von einem Ort zum anderen, ohne sich groß mit Charakterzeichnung, Plot oder einer gewissen Handlungslogik aufzuhalten. Aber gut, das muss ein Actionfilm ja auch nicht. Wenn die Dialoge witziger und pointierter gewesen wären und man nicht komplett im Ahnungslosen schweben würde, worum die eigentlich alle so ein Gewese machen, wäre das vielleicht auch gar nicht weiter aufgefallen.

Die Schauspieler machen ihre Sache dann aber wieder ganz passabel, den Umständen entsprechend. Hugh Grant ist wunderbar schmierig und widerlich als notgeiler Lustgreis-Waffenhändler, Josh Hartnett als dümmlicher Filmstar ist ganz witzig, die Frau (es gibt nur eine, die von Belang ist) gibt sich schlagfertig und clever, Jason Statham ist Jason Statham. Nichtsdestotrotz hätte man mit dem Cast auch mehr draus machen können mit einem besseren Drehbuch.

Fazit: Na ja. Muss man nicht gesehen haben, kann man sich aber im Streamingdienst mal reinziehen, wenn nichts anderes läuft.

2. „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ von Peyton Reed

„Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ von Peyton Reed ist ein langweiliges CGI-Püree mit schlechtem Drehbuch, hölzernen Dialogen und routiniert bis uninspiriert agierenden Schauspielern. Obwohl der Film mit gut zwei Stunden relativ knapp für einen Marvel-Film ist, kommt er einem langatmig und zäh vor. Entsprechend bin ich auch ziemlich früh weggeratzt.

Aber ich habe hinterher meinen Mann gefragt, der wach geblieben ist, er hat auch nicht verstanden, warum der Bösewicht so sauer und was genau sein Problem war. Also habe ich wohl nichts verpasst. Jedenfalls, dafür, dass das laut Filmstarts der neue Thanos werden soll, fand ich den Schurken jetzt nicht so furchteinflößend, weil ich mich die ganze Zeit gewundert habe, welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist, und was der denn eigentlich will, und warum er den Helden der Geschichte ans Leder wollte. Ich meine, es ging irgendwie um Rache (Janet, die Mutter von Hope „The Wasp“, hatte wohl irgendeinen Zwist mit ihm in den 30 Jahren, die sie im Quantuversum gefangen war). Vielleicht auch um Weltherrschaft. Oder Zerstörung. Oder alles.

Ansonsten treffen unsere Helden auf drollige Gestalten, die vom Bösewicht unterdrückt werden und sich von ihm befreien wollen, und da helfen unsere Helden dann mit. Das natürlich mit viel Brimborium und Radau und ab und zu einen flotten Spruch. Die Charakterzeichnung der Figuren bleibt dabei durchweg flach und an der Oberfläche.

Fazit: Och. Den kann man sich sparen. Wenn man ihn doch schauen will, hier noch ein Tipp: bis ganz nach dem Abspann sitzen bleiben.

1. „Manta Manta – Zwoter Teil“ von Til Schweiger

„Manta Manta – Zwoter Teil“ von und mit Til Schweiger erfüllt alle Erwartungen an einen Til-Schweiger-Film und ist somit wirklich sehr schlecht. Mal sehen, wo fange ich am besten an … bei der Handlung. Die ergibt keinen Sinn und lässt jede Logik vermissen. Es beginnt damit, dass man Bertie mit dem Fahrrad fahren sieht und dann wird er von einem jungen Blödmann im schicken Auto doof angepöbelt und ins Maisfeld gedrängt. Aber er hat sich bei dem Sturz ohne Fahrradhelm überhaupt nichts getan, sondern taucht kurz darauf gewohnt übellaunig beim Idiotentest auf. Der Mann, der da sitzt, verarscht ihn nur, und dann kriegt er seinen Führerschein einfach so wieder, weil … weiß ich nicht. Er ist halt Til Schweiger äh Bertie Katzmann und das steht halt so im Drehbuch (an dem übrigens Til Schweiger selbst und noch sechs weitere Autoren dran herumgestümpert haben) und deswegen bekommt er eben eine Extrawurst und außerdem braucht er seinen Führerschein für den weiteren Verlauf der hanebüchenen Handlung.

Bertie hat jedenfalls in den letzten 32 Jahren offenbar überhaupt nichts gelernt und nichts auf die Kette gekriegt und ist schon wieder / immer noch völlig pleite und hoch verschuldet. Und anstatt seine Werkstatt zu verkaufen und sich als Automechaniker irgendwo anstellen zu lassen und mal erwachsen zu werden, hält er es für die beste aller Ideen, bei einem Rennen mitzumachen. Er hat aber kein Auto dafür. Deswegen klaut er dem Onkel von einem seiner Angestellten einen Motor, um ihn bei sich ins Auto einzubauen. Aha. Seine Angestellten haben übrigens schon seit Monaten kein Gehalt bekommen, halten aber trotzdem zu ihm und finden ihn toll. Warum? Weiß kein Mensch, ergibt keinen Sinn, ist auch egal. Uschi hat sich klugerweise von Bertie scheiden lassen, warum sie ihn überhaupt erst geheiratet hat, ergibt auch keinen Sinn, ist aber auch egal. Zwei Kinder gibt’s inzwischen auch, das muss so sein, denn schließlich muss ja mindestens eine von Til Schweigers Töchtern in einem Til-Schweiger-Film mitspielen, so will es das Gesetz, sonst stirbt irgendwo ein flauschiger Baby-Panda. Oder so. In diesem Fall ist es Luna und sie hat definitiv des Vaters Schauspieltalent geerbt.

Die beiden nuscheln sich gekonnt durch die grauenhaften Dialoge, Plattitüden, Gemeinheiten und Kalendersprüche und die anderen Schauspieler passen sich dem Niveau an. Michael Kessler kann’s ja eigentlich besser, aber sein Klausi ist einfach so trottelig-dumm konzipiert, dagegen kann er dann auch nicht anspielen. Er ist der Prügelknabe in der Geschichte und bekommt ständig auf die Fresse, weil das ist lustig. Nehme ich an. Ach so, und dann verliebt er sich völlig random in die Cousine von dem einen Angestellten, die 25 Jahre jünger ist, und sie findet ihn auch sofort supertoll, aber warum und wie versteht auch kein Mensch. Der Sohn von Bertie ist ein verantwortungsloser Idiot, der in eine blöde Kuh verliebt ist, die ihn nur ausnutzt, was total offensichtlich ist, aber er merkt das nicht. Aber in seiner Klasse (er holt an der Abendschule sein Abi nach) ist noch eine bebrillte Brünette, die ein Nerd ist, weil sie bebrillt und brünett ist, und die steht aus unerfindlichen Gründen auf ihn und er dann auch auf sie und dann ist alles gut. Der eine Angestellte von Bertie gabelt zwischendurch auch eine Freundin auf. Warum auch immer, nachvollziehbar ist es nicht, verliebt sich Uschi wieder in Bertie und kehrt zu ihm zurück.

So oder so geht am Ende alles gut aus, Logiklöcher, unsinnige Figurenmotivationen und fehlende Schlüssigkeit hin oder her.

Wie für einen Til-Schweiger-Film von und mit Til Schweiger, der auf einem Til-Schweiger-Drehbuch beruht, üblich, dienen alle anderen Figuren und Schauspieler ohnehin nur dem einzigen Zweck, Til Schweiger abzufeiern und zu huldigen und allen zu zeigen, wie großartig und toll er bzw. sein filmisches Alter Ego ist. Das ist auch hier wieder der Fall, was zu erwarten war. Ich verstehe nicht, warum Til-Schweiger-Filme immer so viel Filmförderung bekommen und ich verstehe auch nicht, warum die Filme immer noch kommerziell erfolgreich sind. Es ist immer derselbe Film mit wechselndem Titel und das Til-Schweiger-Alter-Ego heißt auch immer anders. Und es spielen auch nicht immer alle seine Töchter mit. Ansonsten ist alles wie gehabt: Genuschel, Kitsch, Kalendersprüche, Gesülz und Geschnulz, jubelnde Til-Schweiger-Entourage, Instagram-Filter-Bilder, ganz viele Nahaufnahmen und Schuss-Gegenschuss-Dialogszenen, inflationäres und offensichtliches Product Placement, ein Look wie aus einer Bierwerbung … und kein nennenswerter Inhalt. Voller Filmfehler ist das Ganze obendrein übrigens auch noch.

Fazit: Wer Til-Schweiger-Filme mag, dürfte auch gegen diesen Film nichts einzuwenden und vielleicht sogar Vergnügen dran haben. Wer nicht, kann sich das Geld sparen.

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

105. Stück: Kinojahresrückblick 2022 – die Top 7 und Flop 7

Es ist wieder soweit – das Jahr 2022 ist vorbei und es ist Zeit für meinen traditionellen Kinojahresrückblick. Dieses Mal mit ein bisschen Verspätung, aber das Jahr ist noch jung und ich habe diese Woche noch keine neuen Filme gesehen. Letztes Jahr hatte ich nur eine Top 5 und Flop 5 aufgestellt, da ich 2021 pandemiebedingt selten im Kino war. Im letzten Jahr habe ich ziemlich genau 20 Filmkritiken geschrieben – das würde zwar für eine Top 10 und Flop 10 gerade so reichen, aber dann landen auch Filme in der Aufstellung, die mittelmäßig waren. Daher gibt es dieses Jahr eine Top und Flop 7.

Viel Spaß!

Die 7 besten Filme in 2022

7. „The Batman“ von Matt Reeves

„The Batman“ von Matt Reeves ist ein etwas anderer Superheldenfilm, der eher an einen Krimi und Film Noir erinnert. Das funktioniert aber erstaunlich gut. Robert Pattinson als Batman ist ein gebrochener Mann, ein emotionales Wrack, wie man es von den Detektiven aus Film-Noir-Filmen kennt, Zoë Kravitz ist als Catwoman die Femme Fatale – trotzdem begegnen sich diese beiden verlorenen Seelen, die von Vergeltung angetrieben werden, auf Augenhöhe. Das hätte auch kitschig werden können, ist es aber nicht. Die heimliche Hauptrolle spielt jedoch die Stadt Gotham und die von Korruption, Lügen und Gewalt durchtränkte Machtstruktur in Politik und Polizeiapparat. Die Story – und es gibt tatsächlich eine Story, was für einen Superheldenfilm keine Selbstverständlichkeit ist – ist komplex, aber spannend. Mit Robert Pattinson, Zoë Kravitz, Jeffrey Wright und Paul Dano ist der Film außerdem hervorragend besetzt und die Schauspieler machen ihren Job hervorragend.

Kleines Manko: die Filmlänge. Fast drei Stunden dauert „The Batman“ – da bleiben gelegentliche Längen nicht aus. Das ist aber Nörgeln auf hohem Niveau.

Fazit: Erfordert etwas Konzentration und Durchhaltevermögen, lohnt sich aber definitiv.

6. „The Menu“ von Mark Mylod

„The Menu“ von Mark Mylod ist eine (auf gute Weise) schräge Gesellschaftssatire mit Horror- und Thriller-Elementen sowie Anklängen an das Groteske und Absurde. Hinzukommt die klaustrophobische Atmosphäre des Settings, das unterschiedliche Charaktere und gesellschaftliche Schichten in einem Kammerspiel aufeinander loslässt. Der Film ist so klar strukturiert wie ein Menü in einem Sternerestaurant – doch durch ungeplante Ereignisse nimmt das Geschehen dabei eine unerwartete Entwicklung. Die Schauspieler sind durch die Bank großartig, allen voran Anya Taylor Joy und Ralph Fiennes, die sich hier ein psychologisches Duell auf Augenhöhe liefern. Bei allem Merkwürdigem, was in diesem Film vor sich geht, bleibt daher nie die Spannung auf der Strecke.

Fazit: Auf jeden Fall sehenswert!

5. „Bullet Train“ von David Leitch

„Bullet Train“ von David Leitch ist ein wunderbarer Actionfilm mit einem tollen Cast, pointiert erzählter Handlung, schlagfertigen Dialogen und einem super Soundtrack. Brad Pitt zeigt mit seiner Rolle als psychisch angeschlagener, arbeitsmüder Auftragskiller Ladybug einmal mehr sein komisches Talent und zieht von Anfang an die Sympathien auf seine Seite. Doch auch die Nebenfiguren überzeugen und machen „Bullet Train“ auch zu einem großartigen Ensemble-Film. Dank klarer Motivation (die man als Zuschauer aber erst nach und nach, teilweise erst am Ende erfährt) aller Figuren läuft die Handlung wie ein Uhrwerk – das sorgt für Spannung, aber auch dafür, dass man mit allen Figuren mitfiebert. Wie diese Motivation erzählt wird, erinnert an Quentin Tarantino, ist aber nicht ganz so blutig. Für zusätzliche Spannung sorgen der beengte Raum – der Film spielt fast die ganze Zeit im Zug – und der Zeitdruck – der Zug hält exakt 60 Sekunden an jedem Bahnhof. Also, das ist auch einfach hervorragendes filmisches und erzählerisches Handwerk.

Fazit: Ein Film, der Spaß macht! Unbedingt empfehlenswert.

4. „Don’t Worry Darling“ von Olivia Wilde

„Don’t worry Darling“ von Olivia Wilde ist ein spannender Thriller und eine fiese Satire mit tiefschwarzem Humor. In einer Mischung aus „Die Frauen von Stepford“, „Truman Show“ und „Surrogates“ bekommen wir eine scheinbar idyllische Gemeinschaft in einer Art Vorort oder Kleinstadt in den USA der 1950er Jahre zu sehen – inklusive Zeitkolorit, Kostümen, Farben und Soundtrack. Die Frauen gehen in ihren Rollen als perfekte Ehefrau und Hausfrau ganz auf, sind anscheinend überglücklich, den ganzen Tag putzen, kochen und – soweit vorhanden – um die Kinder kümmern zu dürfen und haben natürlich immer und überall Lust auf Sex und sind darin natürlich auch absolut fantastisch. In ihrer Freizeit treffen sich die Frauen zum Ballett, damit sie hübsch, schlank und in Form bleiben, gehen shoppen, um schöne Kleider für ihre Männ… äh, für sich natürlich zu kaufen. Die Männer gehen indes arbeiten, werden bei Fleiß und Loyalität befördert und bekommen dann ein noch schöneres, noch größeres Haus zugeteilt. Das klingt doch nach einem wunderschönen Traum, oder?

Na ja. Für die Männer sicher schon. Die Frauen haben sich dem zu fügen, keine Fragen zu stellen und nichts zu kritisieren, keine Widerworte zu geben, sich anzupassen und brav an die Regeln zu halten. Dann gibt’s keinen Ärger und dann lässt sich das wohl schon aushalten, nur für den Ehemann zu leben und keinerlei Selbstbestimmung zu haben oder eigenständige Entscheidungen treffen zu können.

Es zeigen sich dann auch bald die ersten Merkwürdigkeiten und Risse in dieser aus Männersicht perfekten Welt. Mehr will ich da aber nicht verraten, um nicht zu spoilern.

Jedenfalls fand ich, dass der Film eine wunderbare Allegorie für einen bestimmten Schlag von Männern darstellt, die mit dieser ganzen Emanzipationssache noch nicht ganz mitgekommen und von ihrer Sozialisation und ihrer Vorstellung von Beziehungen und Frauen immer noch irgendwo in den 1950er Jahren hängengeblieben sind. Ja, ich weiß, „Nicht alle Männer!!!111!!!!!1!!!11!!!“ – aber es gibt neben den modernen Männern, die Gleichberechtigung leben, eben auch immer noch sehr viele, die das nicht tun und auch nicht wollen. Ansonsten gäbe es ja die Incel-Bewegung oder den Nice-Guy-Trope z, B. nicht u. a. …

Fazit: Ein spannender Film, der zum Nachdenken anregen kann – unbedingt sehenswert.

3. „Triangle of Sadness“ von Ruben Estlund

„Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund ist eine bitterböse Gesellschaftssatire mit tiefschwarzem Humor und einem Panoptikum an skurrilen Figuren, die in ihren menschlichen Abgründen schonungslos dargestellt werden. Das aber komplett ohne erhobenen Zeigefinger – stattdessen gelingt das Kunststück, alle Figuren sympathisch wirken zu lassen. Obwohl sie durch die Bank weg alle eigennützige Ar***löcher sind, fiebert man mit, empfindet Mitgefühl und möchte wissen, wie es den Figuren ergeht. So bleibt der Film auch über die fast 2,5 Stunden Laufzeit spannend und unterhaltsam.

Am Anfang braucht es ein wenig, um in die Geschichte und die Handlung hineinzufinden, weil das Setting sehr stilisiert, schräg und abstrakt wirkt – fast eher wie auf einer Theaterbühne bei der Inszenierung eines absurden Theaterstücks. Zum theatralen Charakter des Films passt auch, dass er in drei Kapitel eingeteilt ist – wie drei Akte. Das verleiht der Handlung aber Struktur und Orientierung, sodass die Geschichte konsequent und erbarmungslos erzählt werden kann.

Ich wusste kaum etwas über den Film, bevor ich ihn gesehen habe, und das war auch ganz gut so. Ansonsten hätte ich vielleicht irgendwelche Erwartungen gehabt, die hätten enttäuscht werden können. Und es ist auch nicht einfach, zu beschreiben, was das Publikum in dem Film erwartet.

Fazit: Außergewöhnlicher, schräger, aber großartiger Film! Lohnt sich!

2. „Nope“ von Jordan Peele

„Nope“ von Jordan Peele ist ein hervorragender Horrorfilm, der bis zur letzten Sekunde spannend bleibt. Vom Trailer abgesehen wusste ich nichts über den Film – und das war auch gut so. Deswegen will ich hier nicht viel erzählen, um nichts zu spoilern. Er ist auf jeden Fall gelungen, die Schauspieler sind toll, der Soundtrack auch, das Drehbuch und die Dialoge sind super und das Erzähltempo genau richtig. Unbedingt zu empfehlen!

1. „West Side Story“ von Steven Spielberg

„West Side Story“ von Steven Spielberg ist rundum gelungen und ein wunderbares Beispiel dafür, dass Remakes nicht schlechter sein müssen als das Original. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass das (großartige) Original und die Neuverfilmung beide nebeneinander existieren können, ohne dass ein Film dem anderen nachsteht.

Wie haben Spielberg und seine Crew das hinbekommen? Ich denke, ein wichtiger Punkt ist, dass sie nicht versucht haben, das Original zu kopieren, aber auch nicht auf Krampf versucht haben, sich davon abzugrenzen. Herausgekommen ist eine spannende Neuinterpretation, die plausibel ist, Hand und Fuß hat, ins 50er-Jahre-Setting passt – und trotzdem gesellschaftliche Probleme, die seitdem bestehen und heute noch aktuell sind, mit anreißt – ohne moralische Keule.

Die Darsteller sind durch die Bank weg toll – Schauspiel, Gesang und Tanz passen perfekt zusammen und fügen sich in die Handlung ein. Man könnte höchstens anmerken, dass Ansel Elgort nicht sooo viele verschiedene Gesichtsausdrücke zeigt. Das fand ich jetzt aber nicht schlimm, das passt irgendwie auch zu Tony. Spannend finde ich die Figur der Valentina, die von Rita Moreno gespielt wird („Anita“ aus der ersten Verfilmung) – dadurch bekommt die Geschichte noch eine neue Facette.

Fazit: Ob mit oder ohne Kenntnis des Originals – „West Side Story“ von Steven Spielberg ist absolut sehenswert!

Die 7 größten Enttäuschungen in 2022

7. „Amsterdam“ von David O. Russell

„Amsterdam“ von David O. Russell hätte ein richtig guter Film werden können, verplätschert aber im Unentschlossenen und dümpelt, weder Fisch noch Fleisch, von einer Szene zur anderen. Dabei kann sich der Cast absolut sehen lassen, die mise en scène ist stimmungsvoll, das Zeitkolorit stimmig, der Soundtrack passt … aber die Handlung? Die springt hin und her und scheint sich nicht entscheiden zu können, was sie eigentlich genau erzählen will. Mal tendiert sie zu einer skurrilen Komödie mit schrulligen Figuren, dann schwimmt sie in Richtung Nouvelle Vague und „Jules und Jim“, plötzlich befinden wir uns in einem Krimi, dann wird es mysteriös, dann wieder satirisch, dann wieder eine Groteske, dann wieder antifaschistisches Lehrstück …

Es kann reizvoll sein, wenn ein Film sich keinem Genre eindeutig zuordnen lässt oder er mehrere Genres vereint – sehr gelungen ist das zum Beispiel aus meiner Sicht bei „Fight Club“ von David Fincher. Aber auch das muss dann irgendwie als schlüssiges Konzept erkennbar und konsequent umgesetzt sein. Das ist hier aber nicht der Fall – eher erinnert es hier an eine konfliktscheue Person, die es allen Recht machen, von allen gemocht werden will – und es sich genau deswegen am Ende mit allen verscherzt.

Ich habe mich zwar trotzdem unterhalten gefühlt, da die Schauspieler einfach toll und einzelne Gags durchaus amüsant sind und die Atmosphäre insgesamt auch etwas für sich hat. Aber letzten Endes hat der Film nichts mit mir gemacht, mich weder verändert noch irgendwie berührt oder zum Nachdenken angeregt … Im Grunde zerfranst er und dröppelt schließlich in die Belanglosigkeit.

Fazit: Na ja. Wer mit niedrigen oder gar keinen Erwartungen in den Film geht, findet darin schon viel Unterhaltsames. Aber bei dem Potenzial, das mit mehr Konsequenz hätte ausgeschöpft werden können, ist der Film doch eine Enttäuschung. Schade.

6. „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ von Sam Ramie

„Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ von Sam Raimi fängt bereits mit einem hohen Tempo an und geht – von einigen kürzeren Verschnaufpausen abgesehen – auch genauso weiter. Viel Zeit für Charakterzeichnung, Zwischentöne und Story bleibt da trotz über zwei Stunden Laufzeit leider nicht. Ich habe das erste Drittel gebraucht, um überhaupt erst einmal zu sortieren, worum es ging. Es hilft definitiv, wenn man sich im Marvel-Universum gut auskennt. Die Serien „Wanda Vision“ und „Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D“ sowie mindestens den letzten Spiderman-Film und den ersten Doctor-Strange-Film sollte man schon gesehen haben, sonst ist man wohl völlig lost. Die Motivationen der Figuren sind klar – aber nicht sonderlich facettenreich und nicht immer so ganz nachvollziehbar.

Trotzdem macht der Film insgesamt Spaß, ist streckenweise richtig spannend und vor allem visuell ein absolutes Highlight. Wie die verschiedenen Universen jeweils gestaltet sind, ist wirklich beeindruckend. Etwas Humor gibt es zwischendurch auch und ziemlich gruselige Horror-Elemente, die nicht unbedingt etwas für schwache Nerven sind.

Fazit: Man braucht eine Weile, um reinzukommen, aber dann ist der Film durchaus unterhaltsam. Für Marvel-Fans eine klare Empfehlung (als Einstieg ins Marvel-Universum aber eher nicht).

5. „Jurrassic World 3: Ein neues Zeitalter“ von Colin Trevorrow

„Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter“ von Colin Trevorrow ist solide Unterhaltung und ein passender Abschluss der Jurassic-World-Trilogie. Es gibt außerdem ein Zusammentreffen mit der Generation aus der ersten Trilogie um den Jurassic Park, was zu den alten Filmen einen netten Bogen schließt. Die Story ist jetzt nicht so der Rede Wert, es geht wieder darum, dass ein skrupelloser, reicher, mächtiger Geschäftsmann die Dinos und Gentechnik dafür nutzen will, noch mächtiger und reicher zu werden und dabei absolut skrupellos vorgeht. Das bringt die ganze Welt in Gefahr, aber am Ende geht alles gut aus. Die Schauspieler machen ihre Sache gut, niemand fällt negativ auf. Besonders komplex und vielschichtig sind ihre Figuren aber ehrlich gesagt nicht. Das würde aber auch nicht zur Story passen.

Fazit: Unterhaltsames Popcorn-Kino für einen netten Filmabend, aber revolutioniert nicht unbedingt die cineastische Welt. Ich denke, wer die anderen beiden Filme mochte, wird auch an diesem Film Freude haben.

4. „Die Känguru-Verschwörung“ von Marc-Uwe Kling

„Die Känguru-Verschwörung“ von Marc-Uwe Kling ist zwar eine passende Fortsetzung der „Känguru-Chroniken“, hat aber wie der Vorgänger bereits zu wenig Biss und zu wenig Mut, auch politische Umstände zu kritisieren, die nicht offensichtlich scheiße sind. Stattdessen wird dann mit absurden Nebenhandlungssträngen wie Marias Ex Joe, Drogentrips des Kängurus oder dusseligen Soldaten von der Gesellschaftskritik abgelenkt. Diese ist außerdem sehr albern, plakativ und klamaukig geraten. Ein wenig hat man hier das Gefühl, dass Sketch an Sketch ohne wirkliche Story aneinandergereiht wird. Das ist mal lustig, mal nicht. Trotzdem ist der Film insgesamt ganz unterhaltsam, kurzweilig und ein netter Zeitvertreib. Aber im Grunde kommt man aus dem Film nicht wesentlich anders heraus als man hineingegangen ist. Er bringt nicht wirklich zum Nachdenken, sondern bestätigt uns Schlafschafe eigentlich nur darin, dass Verschwörungstheoretiker völlig plemplem sind. Das mag zwar auch so sein, dennoch ist das ja nicht alles – da hätte ich mir schon etwas mehr Tiefe und ein paar mehr Nuancen und Facetten gewünscht.

Fazit: Na ja … kann man sich schon zur Unterhaltung anschauen, aber man darf hier keinen großen Anspruch erwarten. Schade, daraus hätte man auch noch mehr machen können. Zumal der Autor ja auch Regie geführt hat.

3. „Thor 4: Love and Thunder“ von Taika Waititi

„Thor 4: Love and Thunder“ von Taika Waititi ist ein Film, den ich nicht vermisst hätte, gäbe es ihn nicht. Das liegt vor allem an der wirren, inkonsequenten Erzählweise. Die Szenen sind vereinzelt lustig und unterhaltsam, der „Bösewicht“ hat eine klare Motivation, die man als Zuschauer nachempfinden kann, der Soundtrack ist cool, die visuellen Effekte sind auch sehr gelungen – also Potenzial war vorhanden.

Aber das ist alles ohne Bedeutung miteinander verknüpft, es fehlt an Einheitlichkeit und Geradlinigkeit. Die einzelnen Abschnitte der Handlung sind lose aneinandergereiht, der eigentliche Plot mit dem Götterschlächter läuft nebenher – und am Ende ist der „Bösewicht“ gar nicht wirklich böse, und die Mission von Thor und Co. war ein bisschen für die Grütze. Der Film bleibt dadurch ohne Mehrwert, man verlässt das Kino genauso, wie man hineingegangen ist, unverändert. Und bei dem Regisseur, dem Cast und diesen erzählerischen Möglichkeiten hätte man schon mehr erwarten können.

Fazit: Muss man nicht gucken. Für mich bislang der überflüssigste „Thor“-Film. Schade.

2. „The Eternals“ von Chloé Zhao

„The Eternals“ von Chloé Zhao ist leider sehr lahm und langweilig geraten – obwohl der Film ganz spannend anfängt. Aber irgendwie sind die Erzählstruktur und Figurencharakterisierung misslungen. Nach der Erläuterung der Grundsituation, wer die Eternals sind und wer die Deviants, und der Ankunft der Eternals auf der Erde springt die Story in die Gegenwart und wir folgen erst einmal Sersi in ihr gegenwärtiges Leben. So weit, so gut.

Dann ist aber Sersis gegenwärtiges Leben gar nicht weiter wichtig, weil ein Deviant auftaucht, obwohl – wie man dann gesagt bekommt – doch alle Deviants getötet wurden und eigentlich alle nur noch darauf warten, nach Hause zu dürfen. Dann taucht Ikaris auf und ich weiß gar nicht mehr genau, warum, aber jedenfalls suchen sie dann Ajak auf. Ach so, Sprite ist übrigens auch noch dabei. Na ja, und dann ist Ajak halt tot.

Und alle sind sehr traurig, aber als Zuschauer sitzt man da und fragt sich nur: Wer war das denn? Das erfährt man dann alles nach und nach durch Rückblenden – die sind tatsächlich noch ganz spannend, aber es stellt sich doch die Frage, warum man das Spannende in die Rückblenden verschiebt, und die gegenwärtige Story ist streng genommen völlig uninteressant. Da geht’s im Grunde genommen darum, dass Sersi, Sprite und Ikaris versuchen, die Band wieder zusammenzubringen, weil sonst die Welt untergeht. Oder so. Details erspare ich euch mal, ich will da nicht weiter spoilern.

Wer die einzelnen Eternals sind, was ihre Superkraft ist, wie ihr Charakter ist, wer wie zu wem steht, welche Konflikte in der Gruppe herrschen … all das wird in den Rückblenden nach und nach erzählt. Dabei wird sehr wenig gezeigt und sehr viel in Worten erzählt, sodass alles an der Oberfläche bleibt. Für einen spannenden Film (oder auch für spannende Geschichten im Allgemeinen) braucht es meiner Meinung nach aber Figuren mit klaren Motiven und Zielen, und Hindernisse, die dem im Weg stehen. Die Persönlichkeit einer Figur zeigt sich in ihrem Verhalten, in ihrer Art, aber dafür muss man sie ja auch erstmal kennenlernen. Wenn das erst später in Rückblenden versteckt und im Wesentlichen mit Worten erzählt wird, dann ist das langweilig. Nicht von ungefähr ist ja einer der wichtigsten Tipps, die man in einem Schreib-Workshop gesagt bekommt: „Show, don’t tell“ – das war in „The Eternals“ eher umgekehrt. Dadurch sind die Figuren einem völlig egal und somit ist es auch völlig egal, wie es ihnen ergeht. Obendrein ist der Film viiiiel zu lang. Warum man daraus keine knackigen 90 Minuten gemacht hat, ist mir schleierhaft.

Fazit: Kann man sich sparen. Das ist leider wirklich einer der schwächeren Filme aus dem Marvel-Universum. Schade, denn bei der Top-Besetzung hätte man sicher viel mehr rausholen können.

1. „The King’s Man: The Beginning“ von Matthew Vaughn

„The King’s Man: The Beginning“ von Matthew Vaughn ist leider ganz und gar nicht gelungen. Im Gegensatz zu den anderen beiden King’s-Man-Filmen nimmt sich dieser Streifen selbst viel zu ernst – und das bei einer an den Haaren herbeigezogenen, hanebüchenen Story und nicht nachvollziehbaren Figurenmotivationen. Außerdem strotzt der Film nur so vor Klischees. Das fängt bereits bei der Anfangsszene an: Wir haben einen „White Savior“ in Person des Dukes von Oxford, einen „Magical Negro“ in Person von Shola, der dem Duke aus unerfindlichen Gründen treu ergeben ist, ansonsten aber keine wirkliche eigene Persönlichkeit zu haben scheint. Dann haben wir eine gütige Mutter, die zu früh stirbt, und fortan sind Witwer und Sohn traumatisiert und der Witwer lehnt zunächst Gewalt ab.

Dann bricht aber der erste Weltkrieg aus und der Sohn ist voller Hurra-Patriotismus und will partout kämpfen. Weil er nämlich kein Feigling ist. Was ja Pazifisten in der Regel alle sind: Feiglinge. Er ist zwar noch zu jung, schummelt sich aber doch in die Armee ein und kämpft an der Front und wie das dann ausgeht, kann man sich eigentlich denken, ist aber trotzdem unfassbar blöd, unnötig und macht die Figur des Conrad mit einem Schlag zum Vollidioten. Jedenfalls ist der Duke danach am Boden zerstört und überlegt sich das nochmal, ob er Gewalt wirklich ablehnt, nachdem er aber erst zum Alkoholiker geworden ist. Aber dann redet ihm sein Hausmädchen kurz ins Gewissen und dann ist er kein Alkoholiker mehr, sondern wieder topfit.

Ach so, und dann gibt’s noch eine an Geschichtsrevisionismus grenzende Plotline um King George, den Zaren Alexander den Großen und den Kaiser Wilhelm II. – King George ist natürlich der strahlende Held und supertoll und man kann absolut nichts an ihm kritisieren, der Zar wird vom dämonischen Rasputin unter Drogen gesetzt und manipuliert und Wilhelm II. ist schlichtweg ein Schwachkopf (das könnte allerdings historisch korrekt sein). Und dann gibt’s da irgendeine Intrige, die den ersten Weltkrieg auslöst, weil irgend so ein Typ einen Hass auf Kapitalisten, den Adel und Monarchie hat (es hat irgendwas mit seinen Eltern zu tun) und deswegen alle Könige/Zaren/Kaiser gegeneinander aufhetzt und zerstören will.

Am Ende werden dann jedenfalls die King’s Men gegründet.

Fazit: Überflüssiger, ärgerlicher Quatsch voller Klischees, den man sich nicht antun muss.

Was haltet ihr von dieser Auswahl? Welche Filme haben euch in 2022 besonders gut gefallen und welche überhaupt nicht?

Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

104. Stück: Filmjahresrückblick 2021 – die Top 5 und Flop 5

Letztes Jahr um diese Zeit ging ich davon aus, dass sich die Pandemiesituation im Laufe des Jahres 2021 wieder beruhigen würde – schließlich wurden die ersten Menschen da geimpft und die Mutationen waren noch nicht am Start. Tja. Ich hätte nicht gedacht, dass sich so viele Menschen nicht impfen lassen wollen und ich hätte auch nicht gedacht, dass es so viele Mutationen in so kurzer Zeit geben würde … also, wieder was gelernt. Wie dem auch sei, in 2021 war ich noch seltener im Kino als 2020, weil ich 2020 immerhin die ersten zweieinhalb Monate mein übliches Kinopensum erfüllen konnte und 2021 war eben das ganze Jahr über Pandemie. Deshalb gibt es auch dieses Mal nur einen Beitrag und anstelle der Top und Flop 10 gibt es wieder nur eine Top und Flop 5 – und ich habe auch nicht alle Filme im Kino gesehen, sondern einige auf Streaming-Diensten angeschaut.

Auf die Idee, auch die Filme zu bewerten, die ich nicht im Kino gesehen habe, bin ich allerdings erst später im Jahr gekommen, also steht zum Beispiel der grandiose Animationsfilm „Soul“ nicht auf der Liste, der definitiv einer der besten Animationsfilme der letzten 20 Jahre ist. Wer ihn noch nicht kennt: unbedingt nachholen!

Aber genug Geplänkel, los geht’s mit meiner Top 5:

Top 5: Die besten Filme aus 2021

5. „James Bond – Keine Zeit zu sterben“ (Regie: Cary Joji Fukunaga)

„James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben“ von Cary Joji Fukunaga ist ein spannender Thriller und würdiger Abschluss der Reihe mit Daniel Craig in der Hauptrolle. Der berühmte Agent hat sich eigentlich zur Ruhe gesetzt und eine Nachfolgerin hat bereits seinen Platz im Geheimdienst eingenommen. Doch es ist gar nicht so einfach, eine so bewegte Vergangenheit wie die seine abzuschüttel – und so holt sie ihn wieder ein … Mehr verrate ich nicht. Der Film macht auf jeden Fall Spaß, fesselt mit atemberaubenden Verfolgungsjagden und Stunts, hat einen tollen Soundtrack und ist insgesamt stimmig inszeniert.

Fazit: Wer Daniel Craig als James Bond mag, sollte diesen Film nicht verpassen.

4. „Free Guy“ (Regie: Shawn Levy)

„Free Guy“ von Shawn Levy ist ein Film, der einfach Spaß macht und richtig was fürs Herz. Die Story erinnert an eine Mischung aus „Stranger Than Fiction“ und „Truman Show“ mit einer kleinen Prise „Ready Player One“ – ist aber trotzdem eigenständig und originell genug, dass sie die eine oder andere Überraschung bereithält. Die Ausgangssituation ist, dass eine Figur aus einem Videospiel, die eigentlich nur Staffage ist – ein sogenannter NPC (Non-Player-Character) – nach und nach ein Bewusstsein und einen eigenen Willen entwickelt. Ryan Reynolds spielt diesen Blue Shirt Guy so herzzerreißend knuffig und liebenswert, dass man ihn einfach nur die ganze Zeit knuddeln möchte. Das wäre aber natürlich alleine ziemlich langweilig, wenn er nicht auch einige Hindernisse überwinden müsste, um seiner Traumfrau näher zu kommen.

Die virtuelle Welt ist mit der realen Welt auf unterhaltsame Weise verknüpft und vor allem die Kontraste zwischen Spielenden und Spielfiguren ist immer wieder witzig. Dann haben wir noch sympathische junge Spieleentwickler, einen oberfiesen Arschloch-Boss (genial: Taika Waititi), Bubblegum-Eis und die Suche nach der großen Liebe …

Fazit: Ein wunderbarer Film, der für gute Laune sorgt. Unbedingt empfehlenswert!

3. „Cruella“ (Regie: Craig Gillespie)

„Cruella“ von Craig Gillespie ist ein großer Spaß – allerdings nicht unbedingt für die ganze Familie, sondern eher für Erwachsene. In einem stimmigen Erzählrhythmus, mit grandiosem Soundtrack und fulminanten Kostümen, die einfach zum Niederknien sind, wird die Geschichte der kleinen Estella erzählt, die von Anfang an Außenseiterin war und wegen ihres Andersseins stets von den „normalen“ Leuten abgelehnt wurde – später aber zur durchgeknallten, unerschrockenen und kompromisslosen Cruella wird. Es gibt ein Wiedersehen mit Anita und Roger, Horace und Jasper – und natürlich kommen auch Dalmatiner in dem Film vor. Die Story funktioniert zwar auch ohne Kenntnisse von „101 Dalmatiner“, macht aber noch mehr Spaß, wenn man einige der Figuren wiedererkennt und weiß, wie die Geschichte später weitergeht.

Habe ich die fantastischen Kostüme schon erwähnt? Wenn nicht: die sind soooo cooool!!!

Emma Stone spielt Estella/Cruella hervorragend und scheint einen Heidenspaß vor allem an der „Cruella“-Seite ihrer Figur zu haben. Ihre Gegenspielerin wird von einer weiteren wunderbaren Emma verkörpert: Emma Thompson. Mit welcher eiskalten Eleganz und messerscharfen Wortgefechten die beiden Frauen sich ein Duell liefern, ist ein Fest. Die zwei stehen zwar im Mittelpunkt der Handlung, trotzdem ist auch der restliche Cast von „Cruella“ hervorragend. Das Ensemble spielt sich gegenseitig die Bälle zu und bietet das perfekte Umfeld, damit die beiden Protagonistinnen glänzen können.

Fazit: Vor allem Mode-Fans dürften von den tollen Kostümen verzückt sein, aber auch alle, die schräge Hauptfiguren, sympathische Nebenfiguren, wunderbares Schauspiel und gute Musik mögen, dürften „Cruella“ etwas abgewinnen können. Sehenswert, lohnt sich!

2. „Spiderman – No Way Home“ (Regie: Jon Watts)

„Spiderman – No Way Home“ von Jon Watts ist rundum gelungen und macht einfach Spaß – umso mehr Spaß, je mehr Spiderman-Filme man vorher gesehen hat und je besser man sich im Marvel-Universum auskennt. Ich denke, wer den Film ohne irgendwelche Vorkenntnisse guckt, ist wahrscheinlich etwas verloren und kommt bei der Story nicht ganz hinterher. Das ist aber auch wirklich Meckern auf ganz, ganz hohem Niveau. Ansonsten möchte ich aber auch nicht weiter spoilern: Also, wer Spiderman mag, wird diesen Film wahrscheinlich lieben! Absolut sehenswert.

1. „Don’t Look Up“ (Regie: Adam McKay)

„Don’t Look Up“ von Adam McKay ist eine geniale Satire, die in die heutige Zeit passt wie die Faust aufs Auge. Eine Doktorandin entdeckt einen riesigen Kometen, der auf die Erde zurast. Sie und ein Astronomieprofessor berechnen, dass es nur noch rund ein halbes Jahr dauert, bis der Komet die Erde zerstört. Sämtliche Wissenschaftler auf diesem Gebiet bestätigen das. Doch als sie mit diesen Erkenntnissen an die US-amerikanische Präsidentin herantreten, die Presse informieren und an die Öffentlichkeit gehen … passiert genau das, was aktuell mit Wissenschaftlern passiert, die versuchen, vor den Folgen der Klimakrise zu warnen und Maßnahmen dagegen anzuregen (oder was generell mit Wissenschaftlern/Experten passiert, wenn sie auf eine Krise aufmerksam und Vorschläge zu ihrer Bewältigung machen wollen): Niemand hört zu, jeder kocht sein eigenes Süppchen, die menschliche Hybris übernimmt, Verschwörungstheorien und Fakenews kochen hoch …

Und das wird hier so wunderbar beschrieben, so witzig dargestellt mit einem herrlichen Sarkasmus und so toll gespielt vom gesamten Ensemble, dass der Film einfach richtig, richtig gut ist.

Fazit: Nicht verpassen! (Läuft zurzeit auf Netflix)

Flop 5: Die schlechtesten Filme aus 2021

Insgesamt haben mir die Filme, die ich 2021 gesehen habe, ganz gut gefallen, wirklich grottige Filme, die so schlecht waren, dass sie mich richtig verärgert haben, waren kaum darunter. Deswegen beginnt die Flop-Liste auch erst einmal mit Filmen, die ich eigentlich gar nicht so übel fand – das ist dieses Mal also wirklich Meckern auf hohem Niveau.

5. „Dune“ (Regie: Denis Villeneuve)

„Dune“ von Denis Villeneuve ist ein klassischer Fantasy-Science-Fiction-Film mit verschiedenen Königshäusern, die um die Vorherrschaft über das Universum konkurrieren, Rebellen, Auserwählten-Mystik und einem Schuss Romantik. Die politischen Ränkespiele brauchen ein Weilchen, um sich zu entfalten und Spannung aufzubauen. Dadurch kommt die Handlung erst nach etwa der Hälfte allmählich in die Gänge, vorher ist der Film etwas zäh und langatmig. Aber in der zweiten Hälfte macht der Film durchaus Spaß und überzeugt mit einer stimmigen mise en scène, dichten Atmosphäre und gelungenem Soundtrack. Im Vergleich zur ersten Verfilmung des Stoffs aus den 80er Jahren von David Lynch ist die Story hier insgesamt stimmig umgesetzt und macht neugierig auf die Fortsetzungen. Im alten Film hatte Lynch versucht, die gesamte Handlung in einem Film unterzubringen, wodurch dieser sehr unausgewogen, konfus und merkwürdig geraten ist. Die Neuverfilmung mag konventioneller wirken, ist dadurch aber auch unterhaltsamer.

Fazit: Kann man sich gut angucken, aber am Anfang braucht man etwas Geduld, um reinzukommen.

4. „Matrix 4: Resurrections“ (Regie: Lana Wachowski)

„Matrix 4: Resurrections“ von Lana Wachowski ist jetzt nicht wirklich schlecht, aber dass der Film für die Matrix-Filmreihe nun so eine Bereicherung darstellt, kann man auch nicht sagen. Es macht schon Spaß, Neo und Trinity wieder im Einsatz zu sehen und die Ästhetik und Choreografien wecken ein wenig Nostalgie … aber das war es dann eigentlich auch schon. Die Story ist ziemlich dünn, dafür aber sehr ausschweifend, zäh und wirr erzählt, sodass ich zwischendurch immer mal wieder wegratzen konnte, ohne Wesentliches zu verpassen. Kryptische Kalendersprüche gibt’s auch wieder, aus denen man sicherlich irgendeinen Sinn herausdeuteln könnte, wenn man wollte, die aber streng genommen nicht übermäßig viel Sinn ergeben. Also, an den ersten Teil reicht der Film definitiv nicht heran. Das taten Teil 2 und 3 auch nicht, aber die haben immerhin die Story aus Teil 1 weiter erzählt. Hier werden nur ein paar alte Motive wieder aufgewärmt.

Fazit: Joa … der Film musste aus meiner Sicht nicht unbedingt sein. Aber immerhin ist er auch keine absolute Katastrophe geworden. Also, aus Nostalgie-Gründen kann man sich den schon ansehen, muss man aber auch nicht.

3. „Black Widow“ (Regie: Cate Shortland)

„Black Widow“ von Cate Shortland fängt spannend und vielversprechend an, baut eine stimmige Atmosphäre auf und lässt hoffen, dass es bei diesem Superheldinnenfilm tatsächlich mal etwas mehr Handlung und Story gibt als beispielsweise in „Wonder Woman 1984“. Aber ungefähr nach der Hälfte verliert sich der Film in banalen Actionszenen, Geballer, Prügeleien, Explosionen und Zerstörung, sodass man nichts verpasst, wenn man – wie ich – bei dieser sinnlosen Reizüberflutung wegratzt. Insgesamt ist der Film aber trotzdem ganz unterhaltsam und ein netter, wenn auch nicht sonderlich origineller Zeitvertreib.

Fazit: Kann man sich angucken, muss man aber nicht.

2. „A Quiet Place 2“ (Regie: John Krasinski)

„A Quiet Place 2“ von John Krasinski wollte ich unbedingt sehen, weil ich den ersten Teil so großartig und nervenzerfetzend spannend fand. Im Kino habe ich ihn leider verpasst, aber nun habe ich ihn auf einem der Streaming-Portale geguckt … und bin enttäuscht. Das Besondere an der Geschichte, was den ersten Teil so fesselnd gemacht hat, war mit dem ersten Teil auserzählt. Im zweiten Teil wird die Grundidee der Aliens, die auf das geringste Geräusch reagieren und die Menschen umbringen, noch weiter ausgewalzt und irgendwie weitergesponnen, aber so wirklich aus dem Quark kommt die Story dabei nicht.

Fazit: Die Fortsetzung hätte nicht Not getan. Muss man nicht sehen, schade.

1. „Wonder Woman 1984“ (Regie: Patty Jenkins)

„Wonder Woman 1984“ von Patty Jenkins ist der erste Film, den ich seit über neun Monaten wieder im Kino gesehen habe, aber das ist auch schon das Aufregenste, was es dazu zu sagen gibt. Der Film an sich ist langweilig, viel zu lang und hat eine so dünne Story, dass man sie ohne Übertreibung als durchsichtig bezeichnen kann. Tatsächlich ist die Handlung des zweieinhalbstündigen Films absolut vorhersehbar und kommt gänzlich ohne Überraschungen aus.

Die Geschichte ist somit auch schnell erzählt: Wonder Woman ist mittlerweile in den 80er Jahren angekommen (immerhin: schönes Zeitkolorit), entdeckt einen Stein, der Wünsche erfüllt, was dann die ganze Welt ins Chaos stürzt. Sie freundet sich mit einer Kollegin an, aber die Frauenfreundschaft ist eigentlich auch nicht so wichtig und entwickelt sich ohnehin zu einem stutenbissigen Zickenkrieg – wie das bei Frauenfreundschaften eben so ist. Die Frauen tun im Übrigen das, was sie tun, wegen der Männer, in die sie verliebt sind. Das finde ich ziemlich bieder, plump und nervig. Die Moral von der Geschicht ist: Pass auf, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen – und ist ebenso bieder, plump und nervig.

Wer hofft, wenigstens einem coolen Bösewicht in der Geschichte zu begegnen, dem Wonder Woman das Handwerk legt, wird ebenfalls enttäuscht. Von Anfang an ist klar, dass dieser aufgeblasene Luftikus aus dem Fernsehen ein größenwahnsinniger Versager ist, der Übles im Schilde führt.

Fazit: Es war richtig schön, wieder ins Kino zu gehen. Mit dem Hygienekonzept, Testen vorher etc. hat auch alles prima geklappt. Aber der Film war echt öde.


Übrigens: Wer Lust auf erfundene Fake-Filmkritiken von mir hat – Anfang 2021 waren noch ein paar dazugekommen. Wer in den Kommentaren zum Beitrag ein paar Stichwörter liefert, bekommt außerdem seine eigene Fake-Filmkritik von mir frei erfunden. 🙂

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

103. Stück: Kinojahresrückblick 2020 – Top 5 und Flop 5

Das Jahr 2020 war für die Kulturbranche und die Kinos kein gutes Jahr. Bevor die Corona-Pandemie mit voller Wucht zuschlug, war ich immerhin 19-mal im Kino und zwischen der ersten und zweiten Welle habe ich es immerhin einmal ins Kino geschafft. Das würde also für eine Top 10 und Flop 10 genau ausreichen. Allerdings fände ich es ein wenig unfair, Filme, die ich nur mittelmäßig fand auf meine Topliste zu setzen und Filme, die immerhin ganz OK waren und mich nur nicht sonderlich vom Hocker gerissen haben, auf meiner Flopliste zu verewigen. Und da dieses Jahr ohnehin alles anders war, habe ich beschlossen, auch meinen Kinojahresrückblick ein wenig anders zu gestalten als sonst. Anstelle von zwei Beiträgen mit der Top 10 und der Flop 10 gibt es jetzt nur einen einzigen Beitrag und nur fünf Filme auf den jeweiligen Listen. Viel Spaß!

Top 5 der Kinofilme 2020

5. „1917“ von Sam Mendes

„1917“ von Sam Mendes ist ein geradlinig erzählter, atemlos spannender (Anti-)Kriegsfilm. Die Prämisse ist simpel: Zwei britische Soldaten sollen schnellstmöglich eine Botschaft an ein anderes britisches Bataillon überbringen, damit diese nicht in einen deutschen Hinterhalt geraten. Das Problem: Sie müssen durch das Niemandsland, wo überall feindliche Soldaten und Fallen lauern können.

Diese Ausgangssituation wird konsequent durchgespielt und quasi in einer Einstellung gezeigt – sodass die permanente Anspannung und Rastlosigkeit der beiden Protagonisten hautnah spürbar wird. Hinzu kommt eine schonungslose Darstellung der Zerstörung, des allgegenwärtigen Todes während des Krieges. Und das geht ziemlich an die Nieren. Ein bisschen schade dabei ist, dass die Figurencharakterisierung ein wenig auf der Strecke bleibt. Ansonsten wäre es sicher noch fesselnder geworden – vielleicht aber auch zu fesselnd.

Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Film so gut gefallen würde. Eigentlich bin ich nur mitgekommen, um meinem Freund Gesellschaft zu leisten. Normalerweise finde ich Kriegsfilme schon aus Prinzip doof und wurde durch mein letztes Experiment in die Richtung – „Dunkirk“ von Christopher Nolan – in meiner Meinung bestätigt. Aber „1917“ ist wirklich stark.

Fazit: Lohnt sich! Ist aber nichts für schwache Nerven.

4. „Als Hitler das Rosa Kaninchen stahl“ von Caroline Link

„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von Caroline Link geht ans Herz. Ich habe das Buch zuletzt als Kind gelesen und fand es im Film aber hervorragend und stimmig umgesetzt. Dazu noch das wunderbare Spiel der kleinen Riva Krymalowski sowie insbesondere von Oliver Masucci und Carla Juri als ihre Eltern, Justus von Dohnányi als Onkel Julius und Ursula Werner als Heimpi – das lässt die Geschichte lebendig werden.

Das Heimweh, die Heimatlosigkeit und die Schwierigkeiten der Familie, sich an immer neuen Orten auf ihrer Flucht einzuleben und in ständiger Sorge um die Daheimgebliebenen zu leben, wird ebenso deutlich, wie die kleinen Glücksmomente: neue Freundschaften, Schokoladenkuchen, Erfolge in der Schule und im Beruf … Die Geschichte wird aus Sicht der kleinen Anna erzählt, die mit einem unerschütterlichen Optimismus und einer unbändigen Neugier ausgestattet ist. Trotzdem werden die Hintergründe der Handlung nicht verharmlost.

Fazit: Toller Film mit großartigen Schauspielern. Lohnt sich!

3. „Intrige“ von Roman Polanski

„Intrige“ von Roman Polanski ist ein fesselnder Thriller über einen der größten Justizskandale der französischen Geschichte: die Dreyfus-Affäre. Der Film fängt an mit der öffentlichen Degradierung des Artillerie-Hauptmanns Alfred Dreyfus. Ihm wird vorgeworfen, für das Deutsche Kaiserreich spioniert und damit Landesverrat begangen zu haben. Während ihm nach und nach jedes Kennzeichen seines militärischen Ranges und seiner Zugehörigkeit zum Militär von der Uniform gerissen wird, seine Waffen abgenommen und zerbrochen werden, ringt er mit der Fassung. Am Ende dieser quälenden Demütigung beteuert er seine Unschuld. Keiner glaubt ihm.

Der Film wird aus Sicht des Oberstleutnant Marie-Georges Picquart erzählt, der Alfred Dreyfus ausgebildet hat und zunächst als Beobachter im Prozess sitzt. Er wird dann jedoch zum Leiter des französischen Militärgeheimdienstes ernannt – und macht seine Arbeit zu gut. Er entdeckt Ungereimtheiten im Fall Dreyfus und stößt auf einen weiteren Verdächtigen, der viel eher als Täter infrage kommt. Er kann nicht anders, als seine Pflicht zu tun und handelt sich damit jede Menge Ärger mit dem gesamten französischen Militärapparat ein …

Das wird einerseits sehr nüchtern und sachlich erzählt, andererseits bauen die Ereignisse so gekonnt aufeinander auf, dass eine atemlose Spannung entsteht. Picquart stößt mit seinen Nachforschungen in ein Wespennest aus Vetternwirtschaft, Korruption, Dilettantismus, politischen Ränkespielen, Intrigen – und Antisemitismus.

Die Schauspieler in diesem Film sind durch die Bank weg großartig. Vor allem Louis Garrel als Alfred Dreyfus und Jean Dujardin als Marie-Georges Picquart spielen ihre Figuren mit beeindruckender Glaubwürdigkeit, Facettenreichtum, Tiefgang und Stolz.

Fazit: Unbedingt empfehlenswert, nicht nur für Geschichtsfans!

2. „Jojo Rabbit“ von Taika Waititi

„Jojo Rabbit“ von Taika Waititi ist übermütig, albern, durchgeknallt – und trotzdem berührt der Film zutiefst. Gerade durch den Kontrast des grotesken, dunkelschwarzen Humors und der ernsten Thematik wird die Grausamkeit des Faschismus umso deutlicher. Man versteht aber auch durch die kindliche Perspektive Jojos, was Kinder am Nationalsozialismus fasziniert haben mag, warum sich so viele von ihnen mit Freuden für die Hitlerjugend und schließlich als Kanonenfutter einspannen ließen. Es zeigt auch, wie leicht sich Menschen von Angst und Ideologie manipulieren lassen.

Gleichzeitig ist „Jojo Rabbit“ eine Coming-of-age-Geschichte, in der ein kleiner Junge unverhofft den Ernst des Lebens kennenlernt und seine Ideale, Wirklichkeitsbegriffe und sein Selbstverständnis plötzlich auf den Kopf gestellt sieht. Und behutsam, Schritt für Schritt, den Verlust seiner Gewissheiten zu überwinden lernt und dabei erwachsen wird. Der kleine Roman Griffin Davis spielt das übrigens hervorragend und ist von der ersten bis zur letzten Sekunde überzeugend. Scarlett Johansson als seine Mutter ist auch toll, aber ihre Rolle ist eben großartig geschrieben.

Fazit: Ein ungewöhnlicher und sehr gelungener Film! Unbedingt sehenswert!

1. „Coma“ von Nikita Argunov

„Coma“ von Nikita Argunov ist ein visuell überragender Thriller, der obendrein noch mit einer spannenden, wendungsreichen Story überzeugt. Ein wenig bietet sich bei der Thematik – eine Welt, in der Komapatienten leben und die aus ihren Erinnerungen zusammengesetzt ist – ein Vergleich mit „Inception“ an. Während in diesem ebenfalls hervorragenden Film jedoch im Wesentlichen die Story darin besteht, das Prinzip von Inception zu erklären, und ansonsten nicht viel passiert, wartet „Coma“ mit ausgeklügelten Plot Twists, vielschichtigen Charakteren mit komplexen Motiven, Philosophie, Ethik, Gesellschaftskritik und dem einen oder anderen satirischen Seitenhieb auf.

Fazit: Ein Film, den man nicht verpassen sollte!

Außer der Reihe: Der beste Animationsfilm in 2020 (und der einzige Animationsfilm, den ich 2020 im Kino gesehen habe)

„Weathering with You“ von Makoto Shinkai

„Weathering with You“ von Makoto Shinkai ist ein bezaubernder, märchenhafter Animationsfilm mit liebenswerten Charakteren, Humor und Melancholie. Die Coming-Of-Age-Geschichte eines 16-jährigen Oberschülers, der es zu Hause in seinem kleinen Dorf nicht mehr aushält und nach Tokyo abhaut, ist verwoben mit fantastischen Elementen, die dem Film etwas Mystisches verleihen. Aber erzählt wird diese Geschichte mit einer federleichten Poesie, sodass es nie schwermütig oder kitschig wird. Die Zeichnungen sind einfach wunderschön. Mit wie viel Liebe zum Detail hier jeder Lichtreflex, jeder Wassertropfen zum Leben erweckt wird, ist atemberaubend und verbreitet eine magische Wirkung.

Ich habe dennoch ein wenig gebraucht, um in die Handlung hineinzufinden, da sie stellenweise etwas merkwürdig ist. Doch dann wachsen einem die Figuren zunehmend ans Herz und man wünscht ihnen alles Gute. Und eine süße Katze kommt auch noch vor, das ist ja ohnehin aus meiner Sicht immer ein Pluspunkt.

Fazit: Zauberhafter, poetischer Animationsfilm, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Flop 5 der Kinofilme 2020

5. „Bombshell – Am Ende des Schweigens“ von Jay Roach

„Bombshell – Am Ende des Schweigens“ von Jay Roach ist leider nicht bissig, konsequent und mutig genug geraten, um als wirklich geniale Satire à la „Big Short“ oder „Vice“ durchzugehen. Das ist schade, denn Potenzial wäre genug dagewesen – bei diesem Stoff und diesem hervorragenden Cast. Die Schauspieler*innen sind zwar sehr gut, aber sie bleiben aufgrund des zu zahmen Drehbuchs hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Es scheint, als hätten sich die Macher nicht getraut, das Thema #metoo wirklich auszureizen – also Machtmissbrauch einflussreicher Männer in Bezug auf (junge) Frauen in der Berufswelt, unterschwelliger Sexismus, wie es sich für die betroffenen Frauen anfühlt … Vielleicht ist das Ganze auch noch zu frisch und zu aktuell, um die nötige Distanz aufzubringen, die eine Satire braucht.

Was rüber kommt – und das ist den tollen Schauspielerinnen Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie zu verdanken – sind die Ängste und Sorgen, die diese Frauen umtreibt. Allerdings auch nur diese Frauen in Bezug auf einen Mann. Im Anschluss an den Film bleibt das Gefühl zurück, es handle sich um einen Einzelfall und nicht um ein prinzipiell überholtes System, das Machtmissbrauch einflussreicher Männer in Form von sexueller Belästigung und Sexismus begünstigt gegenüber Frauen, die im Berufsleben mit den Männern gleichziehen wollen.

Es lässt das grundsätzliche Problem, dass man als Frau im Beruf immer mehr oder weniger unterschwellig das Gefühl hat, man müsste sich mindestens dreimal so viel anstrengen wie Männer, um genauso erfolgreich zu sein. Man dürfte aber auch nicht zu ehrgeizig rüberkommen – sonst gilt man als zickig und spaßbefreit. Zu sexy darf man auch nicht sein – sonst gilt man als Schlampe oder muss sich irgendwelche Sprüche und „Witze“ anhören. Zu unsexy ist auch nicht gut – dann ist man ein verklemmtes Mauerblümchen. Und wenn man das als Frau anspricht, wird es abgewiegelt: „Neeeeiiiiin, ach Quatsch, da stellst du dich aber auch echt ein bisschen an. Also iiiiiich hab das ja noch niiiiiiie so erlebt, das musst du dir einbilden, entspann dich mal und mach dich locker.“ (Übrigens teilweise auch von anderen Frauen, die wohl einfach Glück hatten oder es mit Feingefühl nicht so haben). Und natürlich ist es auch eher selten so schlimm wie im Film. Meistens ist es eben nur so ein ganz leichtes, unterschwelliges Gefühl, dass man als Frau nicht hundertprozentig selbstverständlich frei darin ist, wie man sich kleidet und wie man sich verhält und ein ganz leises, flüsterndes Unbehagen, nicht gut genug zu sein so wie man ist. Und darüber schwebt dann immer ein „selber Schuld“ oder „das bildest du dir ein, stell dich nicht so an“.

Na ja … jedenfalls bin ich der Meinung, der Film war zu artig, hat sich zu sehr auf den Einzelfall konzentriert und am Ende den Eindruck hinterlassen, mit Erledigung dieses Einzelfalls sei auch das zugrundeliegende Problem gelöst. Was es nicht ist. Und das fand ich enttäuschend.

Fazit: Hm. Als halbdokumentarisch erzählter Film über den Fall Roger Ailes vs. Gretchen Carlson (und die anderen Frauen) durchaus gelungen. Als Satire über die der #metoo-Bewegung zugrundeliegenden Probleme bleibt der Film leider unter seinen Möglichkeiten. Schade.

4. „Das Vorspiel“ von Ina Weisse

„Das Vorspiel“ von Ina Weisse wurde als deutsche Version von „Whiplash“ angepriesen und entsprechend hoch waren auch meine Erwartungen an den Film. Diese wurden leider enttäuscht, denn während in „Whiplash“ die Dynamik zwischen Schüler und Lehrer für atemlose Spannung sorgt und man sich dem Sog dieses Psychoduells zwischen zwei musikalischen Genies auf Augenhöhe nicht entziehen kann, passiert in „Das Vorspiel“ eigentlich nichts – zumindest bis kurz vor Schluss. Der Schüler macht keine wirkliche Entwicklung durch und ist auch sonst keine schillernde, zwielichtige Gestalt wie Andrew Neiman. Er wirkt wie ein tapsiger Hundewelpe, der aus völlig verschüchterten Augen erstaunt in die Welt blickt und irgendwie nicht richtig zu wissen scheint, was er da eigentlich soll, wo er gerade steht. Er ist zwar ganz niedlich, aber bleibt leider langweilig und blass. Das liegt nicht am Schauspieler, der ist toll und sehr überzeugend, aber die Rolle ist einfach zu schwach charakterisiert und setzt der überehrgeizigen, überspannten Geigenlehrerin nichts entgegen.

Nina Hoss ist dabei noch das Beste am Film – wie sie die Geigenlehrerin spielt, der langsam alles in ihrem Leben entgleitet, ist großartig. Leider kann sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass einfach keine richtige Geschichte erzählt wird. Die anderen Schauspieler sind übrigens auch richtig gut – was für einen deutschen Film beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Was man vielleicht vorher wissen sollte: Ein Teil der Dialoge wird auf Französisch gesprochen und nicht untertitelt. Mir macht das nichts aus, ich bin selbst zweisprachig, aber es gab im Kinosaal ein ununterbrochenes Geraune, Gemurmel und Gebrumsel von Leuten, die ihre Schulfranzösischkenntnisse hervorkramten und versuchten, die Passagen zu übersetzen. Und mindestens zwei-drei dieser französischen Dialoge sind wesentlich entscheidend für die Handlung. Das fand ich ziemlich unglücklich.

Fazit: Leider sehr langweilig geraten, ich würde den Film nicht weiterempfehlen. Oder man schaut ihn sich irgendwann in Ruhe im Fernsehen an, dann nerven einen die anderen Zuschauer wenigstens nicht und man kann zwischendurch aufstehen und sich Tee kochen oder ein Brot schmieren.

3. „Bloodshot“ von Dave Wilson (II)

„Bloodshot“ von Dave Wilson (II) hätte ein passabler Mindgame-Movie werden können, hätte man die Pointe nicht schon im Trailer beziehungsweise im ersten Filmdrittel verraten. Was bleibt, ist ein austauschbarer Vin-Diesel-Actionkracher, der sich leider viel zu ernst nimmt. Die Figuren sind holzschnittartig, die Dialoge banal, die Spannungskurve flach, die Handlung vorhersehbar und wendungsarm.

Fazit: Schade, hätte das Potenzial für einen unterhaltsamen Film gehabt, aber das Pulver wurde viel zu früh verschossen. Muss man nicht gucken.

2. „Bad Boys For Life“ von Adil El Arbi & Bilall Fallah

„Bad Boys For Life“ von Adil El Arbi und Bilall Fallah ist leider von ein paar netten Gags abgesehen nicht so unterhaltsam geraten wie seine Vorgänger. Ist es zu Beginn noch ganz witzig und niedlich, die beiden harten Jungs als gealterte Männer zu sehen und weiß der Gegensatz zwischen dem ängstlichen Spießer Marcus und dem draufgängerischen Berufsjugendlichen Mike noch zu erheitern, verpufft dieser komische Effekt nach einer Weile. Zurück bleibt eine hanebüchene Rachegeschichte und jede Menge Action.

Gut, ein Action-Film braucht keine tiefgründige, gesellschaftskritische, philosophische oder sonstwie komplexe Handlung. Aber zumindest geradlinig und konsequent sollte ein gelungener Actionfilm sein. Wenn’s dann zwischendurch völlig unpassend sentimental oder sogar traurig wird, man davon aber gänzlich unberührt bleibt, weil man sich noch über irgendwelche mystischen Anklänge aus den Szenen davor wundert und sich fragt, was der Quatsch soll, dann macht das meiner Meinung nach nicht so viel Spaß.

Mir hätte der Film besser gefallen, wenn sie die Story einfacher gehalten hätten, dafür außerdem ein paar von den Arschwitzen gestrichen und das Ganze auf knackige 80-90 Minuten heruntergekürzt hätten. Na ja, aber immerhin: Der Nostalgie-Faktor hat schon einiges wieder wettgemacht. Martin Lawrence und Will Smith sind eben doch ein eingespieltes Duo – von daher gibt’s auch zwei Sterne und nicht bloß einen halben.

Fazit: Na ja, ich denke, den Film wird sich eh jeder anschauen, der die anderen beiden Vorgänger mochte. Ich finde nicht, dass sich das wirklich lohnt, aber davon sollte sich niemand abhalten lassen.

1. „Tenet“ von Christopher Nolan

Sooo, das hat mir gefehlt 🙂 Achtung, Leute, das wird ein Verriss. „Tenet“ von Christopher Nolan ist der erste Film, den ich seit Wiedereröffnung der Kinos nach dem Lockdown gesehen habe – und gleich ein Kandidat für den schlechtesten Film des Jahres 2020. Visuell ist der Film schon in Ordnung, stellenweise sogar ganz cool. Davon aber abgesehen stimmt in diesem Film einfach hinten und vorne (rückwärts und vorwärts, Hihi) überhaupt nichts und der ganze Kladderadatsch ergibt nicht den geringsten Sinn.

Jaaa, mag der eine oder andere protestieren, man dürfe „Tenet“ eben nicht mit dem Verstand begreifen wollen, sondern müsse ihn … ähm … öhm … irgendwie auf einer anderen Bewusstseinsebene wahrnehmen und auf sich wirken lassen. Nolan sei ja schließlich dafür bekannt, Verwirrspiele zu erschaffen, die den Verstand des Zuschauers, seine Gewohnheiten und Gewissheiten auf den Kopf stellen, die Grenzen der Vorstellungskraft sprengen und so weiter und so fort. Das stimmt ja auch. Und das ist ihm in „Memento“ und „Inception“ beispielsweise auch meisterhaft gelungen. In „Tenet“ aber nicht. Mein Eindruck ist, der feine Herr hat sich einfach auf seine persönlichen Geheimrezepte der vergangenen Filme verlassen, mit Zeit, Wahrnehmung und Erzählgewohnheiten wie immer herumgespielt und sah offensichtlich keine Veranlassung, seine eigenen Gewohnheiten mal zu hinterfragen und zu brechen.

Herausgekommen ist ein langweiliges, langatmiges, spannungsfreies Machwerk, das überhaupt nichts aussagt und beim Zuschauer nichts auslöst (außer Verwirrung). Es ist faul – denn Nolan hat sich auf seine bewährten Mätzchen verlassen und nichts wirklich Neues erzählt, genau genommen hat er einfach mal gar nichts erzählt, sondern nur ansatzweise coole, einigermaßen stylische Actionszenen aneinander gereiht. Es ist feige – denn Nolan drückt sich total offensichtlich darum, das Risiko einzugehen, die Handlung in irgendeine Richtung zu lenken. Jedesmal, wenn die Figuren im Film eine Frage stellen, was das Ganze eigentlich soll, wozu das alles dient oder Fragen zur Schlüssigkeit und Logik stellen, windet sich Nolan heraus und versucht gar nicht erst, dieses Herauswinden zu vertuschen: „Versuchen Sie gar nicht erst, das zu verstehen“, „Was passiert ist, ist passiert“, „Das ist halt ein Paradoxon“, „Nicht drüber nachdenken“, „Das wissen die, die’s wissen müssen“ und andere Plattitüden werden dann dem Fragesteller und dem Zuschauer vor die Füße geworfen und dann geht der Film eben weiter. Der Film ist außerdem eitel – denn er gefällt sich selbstverliebt darin, eine vermeintlich gute Idee gehabt zu haben, und diese platt zu walzen und auszureizen bis zum Gehtnichtmehr.

Der Plot und die Dialoge sind also schon mal Murks. Fiebert man wenigstens mit den Figuren mit? Nö. Der „Protagonist“ hat noch nicht einmal einen Namen. Man weiß überhaupt nicht, wer er ist, woher er kommt, was er will und was er nicht will, warum er das tut, was er tut, wieso, weshalb, warum er überhaupt in der Geschichte eine Rolle spielt. Das gilt für alle anderen Figuren auch. So gut kann kein Schauspieler sein, gegen eine so holzschnittartig konzipierte Figurencharakterisierung anzuspielen. Auch von Neil erfährt man überhaupt nichts über seine Motivation. Kat, die einzige Frauenfigur, soll wohl eine Hommage an die klassische Hitchcock-Blondine darstellen, wird aber so auf ihre Rolle als Mutter und misshandelte Ehefrau reduziert, dass es einfach nur sexistisch und ärgerlich ist. Warum man Kenneth Branagh einen irren Russen als Bösewicht spielen lässt und keinen irren Briten, erschließt sich ebenfalls nicht. Vielleicht, um irgendwie so eine Kalter-Krieg-Plotline mit dem Holzhammer in die Story zu prügeln und dabei kein Klischee auszulassen. Vielleicht auch nur, weil Kenneth Branagh Lust hatte, einen russischen Dialekt zu sprechen.

Fazit: Dieser Film ist faul, feige, eitel – und schlecht. Wen ein grottiges Drehbuch, fade Figurencharakterisierung, fehlende Handlungslogik respektive überhaupt keine Handlung, eine fehlende Spannungskurve, schauderhafte Dialoge und wie verloren wirkende Schauspieler nicht stören und wer sich die ganz coolen visuellen Effekte anschauen möchte, kann das natürlich trotzdem tun. Aber er/sie beschwere sich hinterher nicht, ich hätte nicht vorgewarnt.

+++ SPOILER +++ SPOILER +++ SPOILER +++
Wer den Film schon gesehen hat, kann mir vielleicht doch mal ein paar Fragen beantworten, die mich gestern Abend noch wach gehalten und im Traum verfolgt haben, weil sie überhaupt keinen Sinn ergeben. Oder ich bin zu blöd. Egal. Also, hier meine Fragen:

  • Warum bauen die Leute in der Zukunft überhaupt erst eine Waffe, die die ganze Welt auslöscht?
    Nachdem diese Waffe nun völlig idiotischerweise gebaut wurde, warum zerteilen sie das Ding in neun Teile und verstecken diese Teile irgendwo in der Vergangenheit, sodass die Teile in der Zukunft garantiert wieder auftauchen und irgendein Irrer in der Zwischenzeit ausreichend Gelegenheit hat, die neun Teile zusammen zu suchen, das Ding zusammenzubauen und die Welt zu zerstören? Warum zerstören sie die Waffe nicht wieder? Warum zerstören sie nicht wenigstens ein Teil davon? Warum zerteilen sie das Ding nur in 9 Teile, nicht in 99 oder 999? Warum sieht das Ding aus wie ein Phallus aus Schrott? Warum verstecken sie nicht wenigstens ein paar der Einzelteile in der Gegenwart, schießen sie auf den Mond oder sonstwo hin, dass der Irre in der Vergangenheit da nicht herankommt? Und braucht man den Schrott-Phallus überhaupt oder reicht der komische Algorithmus?
  • Warum wollen die Leute aus der Zukunft Krieg mit der Vergangenheit? Da schießen sie sich doch buchstäblich selbst ins Knie?
  • Irgendwann wird auch angedeutet, dass die Leute aus der Zukunft die Leute aus der Vergangenheit bestrafen wollen, weil die ihnen den Klimawandel eingebrockt haben. DIESE LEUTE HABEN EINE ZEITMASCHINE! DIE KÖNNEN ALLES RÜCKGÄNGIG MACHEN! Warum nutzen sie ihre Zeitmaschine nicht für etwas Sinnvolles, wie den Klimawandel zu verhindern, so lange es noch möglich ist? Sie könnten doch die Regierungen infiltrieren mit ihren Leuten und die Politik im Sinne des Klimaschutzes zu beeinflussen. Nein, das wäre ja zu naheliegend, lasst uns doch stattdessen unsere Zeitmaschine nutzen, um den dritten Weltkrieg anzuzetteln und alles Leben auf der Welt zu zerstören (Ja, Kat. Auch dein Sohn), muahahahahaha!
  • Der Irre hat die Möglichkeit, sich selbst mit der Zeitmaschine zu invertieren. Warum heilt der Typ nicht einfach seinen Bauchspeicheldrüsenkrebs damit, anstatt eine Superwaffe aus der Zukunft zusammen zu bauen und die Welt in die Luft zu jagen?

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

102. Stück: Was „Tenet“ von Christopher Nolan und Camus‘ „Mythos des Sisyphos“ gemeinsam haben

Eine Anmerkung vorweg: Ich fand „Tenet“ von Christopher Nolan total doof, wie sich meiner Kritik unschwer entnehmen lässt. Das heißt aber nicht, dass man in diesem schlecht erzählten Machwerk ohne Spannung und mit langweiligen, nichtssagenden Figuren, die keine Ahnung haben, was sie warum tun, nicht doch das eine oder andere entdecken kann, das sich hineininterpretieren lässt. Tatsächlich kann man in den Film alles Mögliche hineininterpretieren, denn er ergibt überhaupt keinen Sinn.

Wer ihn noch nicht gesehen hat, und sich überraschen lassen möchte, sollte lieber nicht weiterlesen, ich kann nicht ausschließen, dass ein paar Spoiler kommen (wobei, wie gesagt, der Film erzählt keine wirkliche Geschichte, von daher kann man da nicht viel spoilern – aber ich denke, es macht mehr Spaß, irgendeinen Kram in den Film hineinzudeuten, wenn man ihn gesehen hat und miträtseln kann, ob sich hier und da nicht vielleicht doch ein bisschen Sinn versteckt hat)

Als ich mich so vor mich hinärgerte, wie man nur so einen völlig sinnbefreiten, unlogischen Quatsch auf die Leinwand bringen, den Schauspielern überhaupt keine Figurenmotivation und somit nichts zum Spielen geben und sich dann auch noch als Genie feiern lassen kann, dachte ich: Mooooment, das kommt mir bekannt vor. Mein erster Gedanke nach dem Film war, das sei wie in „Des Kaisers neue Kleider“ – Christopher Nolan ist der pfiffige Schneider, der für den Kaiser (Filmkritiker, Filmwissenschaftler und Cineasten) neue Kleider vorgibt zu nähen, und zwar aus unsichtbaren Fäden, die nur ganz besonders intelligente Menschen wahrnehmen können. Ein kleines Mädchen durchschaut den Schwindel und ruft: „Der Kaiser hat ja gar nichts an“ oder in diesem Fall: „Der Film erzählt überhaupt nichts, das ergibt alles null Sinn“. Aber dann dachte ich, dieser Wunsch nach einem Sinn meinerseits und die gleichzeitige Verweigerung des Films, einen Sinn zu präsentieren, ist absurd – und dann war ich auch schon bei Albert Camus‘ „Mythos des Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde“, den ich vor nun fast 20 Jahren in meiner Abi-Klausur vom Französisch-LK bearbeitet hatte.

Vielleicht erzählt „Tenet“ ja doch etwas, und zwar genau das: Es ergibt alles null Sinn – zumindest aus logischer, objektiver Sichtweise. Subjektiv kann man hingegen in den Film hineininterpretieren, was man möchte. Und da sind wir dann auch schon bei Albert Camus und seinem absurden Helden Sisyphos. Wir erinnern uns, Sisyphos wurde von den Göttern bestraft, indem er dazu verdonnert wurde, einen Felsen einen Berg hochzurollen. Sobald er den Gipfel fast erreicht hatte, rollte der Felsen wieder herunter und Sisyphos musste von vorne anfangen. Laut Wikipedia weiß man anscheinend gar nicht so genau, wofür Sisyphos eigentlich bestraft wurde, was er Schlimmes getan hatte. Aber anscheinend war er ziemlich schlau und ist dem Tod ein paar Mal von der Schippe gesprungen. Wer „Tenet“ gesehen hat, dürfte gerade ein Déjà-vu-Erlebnis haben: Der Protagonist springt dem Tod am Anfang von der Schippe und damit beginnt der ganze Kladderadatsch überhaupt erst.

Auch der Auftrag des Protagonisten in „Tenet“ gleicht Sisyphos‘ Strafaufgabe. Nur geht es nicht darum, einen Felsbrocken einen Berg hochzurollen, sondern den dritten Weltkrieg, der die ganze Welt und Menschheit zerstören würde, zu verhindern. Aber da die Zeit in „Tenet“ gleichzeitig vorwärts und rückwärts läuft und man eigentlich nie genau wissen kann, ob das, was man tut, nicht von irgendeinem zeitreisenden Störenfried wieder sabotiert wird, ob das überhaupt irgendetwas bringt oder komplett für die Tonne ist, ähnelt die stoische Entschlossenheit, mit der der Protagonist trotzdem sein Möglichstes tut, den Weltuntergang zu verhindern, Sisyphos‘ Hochrollen des Felsens auf den Berg, obwohl er weiß, dass der Brocken wieder herunterkullert, sobald er sein Ziel fast erreicht hat. Sowohl der Protagonist in „Tenet“ als auch Sisyphos haben ihren Auftrag übrigens von unsichtbaren, nicht anwesenden Autoritäten und Mächten erhalten, beide wissen nicht, warum sie das eigentlich tun sollen, machen’s aber halt trotzdem. Gut möglich, dass der Protagonist auch mit der Aufgabe, den Weltuntergang aufzuhalten, bestraft wird: Schließlich hat seine Generation es versäumt, die Erde vor der Verwüstung durch den Klimawandel zu bewahren.

Laut Albert Camus muss man sich Sisyphos aber als „einen glücklichen Menschen vorstellen“ („Il faut s’imaginer Sisyphe heureux“) und vielleicht gilt das auch für den Protagonisten am Ende von „Tenet“? Denn beide haben die Absurdität ihres Unterfangens erkannt, angenommen und tun trotzdem ihr Bestes, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Camus nennt dieses „Trotzdem sein Bestes geben“ angesichts der Absurdität des Lebens die Revolte gegen das Absurde. Das Absurde entsteht dadurch, dass der Mensch nach einer Erklärung oder einem Sinn im Leben sucht, er einen solchen objektiven Sinn aber gar nicht finden kann, weil es gar keinen universellen Sinn des Lebens und der Welt gibt. So wie „Tenet“ überhaupt keinen Sinn ergibt und trotzdem sitze ich jetzt hier und interpretiere trotzdem etwas hinein.

Das Einzige, was sicher ist, ist der Tod, schreibt Camus im „Mythos des Sisyphos“: „Was bleibt, ist ein Schicksal, bei dem nur das Ende fatal ist. Von dieser einzigartigen Endgültigkeit des Todes abgesehen, ist alles – Freude oder Glück – Freiheit. Es bleibt eine Welt übrig, bei der der Mensch alleine Herr ist.“ („Ce qui reste, c’est un destin dont seule l’issue est fatale. En dehors de cette unique fatalité de la mort, tout, joie ou bonheur, est liberté. Un monde demeure dont l’homme est le seul maître.“) Und das ist in „Tenet“ ja auch so. Erst, wenn ein Mensch wirklich tot ist, kann er die Zeit nicht mehr zurückdrehen, solange er nur fast tot ist, ist er noch zu retten. Wenn man das einsieht, akzeptiert und trotzdem weitermacht, so ist man wie Sisyphos bei Camus ein glücklicher Mensch, der gegen das Absurde revoltiert.


Und, ergibt meine Interpretation eurer Meinung nach Sinn? 😉 Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Literatur, Philosophie

101. Stück: Ist Stephen Kings „The Institute“ eine Metapher für einen maroden Staat?

Seit meinem Masterabschluss vor acht Jahren lese ich nur noch zum Vergnügen – trotzdem liest die Literaturwissenschaftlerin in mir immer ein bisschen mit und manchmal fällt mir in den Büchern, die ich lese, etwas auf, das ich spannend finde. Zuletzt ist mir das bei „The Institute“ von Stephen King so ergangen.

+++ ACHTUNG! SPOILER! +++ ACHTUNG! SPOILER! +++ ACHTUNG! SPOILER! +++ ACHTUNG! SPOILER! +++

Während ich voller Spannung eine Seite nach der nächsten umdrehte und atemlos der Geschichte des hochbegabten Luke Ellis und seiner Freunde folgte, dachte ich: Dieses Institut ist eine Metapher für den maroden Zustand eines Staates, dem es vor Jahrzehnten zu gut ging und bei dem die Verantwortlichen es versäumt haben, mit der Zeit zu gehen. Die Technik ist veraltet, die Einrichtung marode, wird weder gewartet noch gepflegt, es fehlt an allen Ecken und Enden an Innovationen, es werden seit den 50er Jahren dieselben Verfahren angewandt, um dieselben Thesen zu beweisen.

Der Grund für die Existenz des Instituts wurde seit Anbeginn niemals hinterfragt, automatisch wird davon ausgegangen, dass das, was man 1950 für die Wahrheit hielt, was damals dem Stand der Wissenschaft entsprechen mochte, auch fast 70 Jahre später Gültigkeit hat. Und alle machen Dienst nach Vorschrift, ohne Fragen zu stellen. Dabei geht es vorgeblich um das größere Wohl, die Rettung der Welt, das Gleichgewicht der Kräfte, damit der dritte Weltkrieg – ein Atomkrieg, der die Erde zerstören würde – verhindert wird. Und dass dafür Kinder mit telepathischen und telekinetischen Fähigkeiten wie Nutzvieh missbraucht werden müssen, das sieht man als notwendiges Übel, als alternativlos an.

Das Personal des Instituts fällt letzten Endes seiner eigenen Arroganz zum Opfer. Der vermeintliche Erfolg der letzten Jahrzehnte, der mutmaßlich notwendige, dem „Guten“ dienende Vorwand, hat diese Menschen denkfaul gemacht. Sie spulen Tag für Tag dasselbe Programm ab und haben dabei auch ihre Menschlichkeit vergessen. Was bleibt, ist ein Haufen seelenloser Bürokraten, Sadisten, verrückter Wissenschaftler und bequemer Handlanger, die ihr eigenes Tun nicht hinterfragen.

Interessant fand ich auch, dass im Institut Automaten für alkoholische Getränke und Zigaretten stehen und es von den Verantwortlichen nicht nur geduldet, sondern unterschwellig gefördert wird, wenn einige der Kinder alkoholabhängig und/oder zu Kettenrauchern werden. Süchtige stellen keine unbequemen Fragen, mucken nicht auf und tun alles, um an Chips für die Automaten zu kommen – sind also besonders unkompliziertes und williges Nutzvieh. Praktisch.

Ich finde, „Das Institut“ ist eines von Stephen Kings grimmigsten, bittersten und düstersten Büchern. Der Autor macht kein Geheimnis daraus, was er vom aktuellen US-amerikanischen Präsidenten hält – nämlich überhaupt nichts. Auf Stephen Kings Twitter-Account lässt sich seine Haltung gut nachvollziehen, zum Beispiel bei diesem Tweet oder hier. Und die Literaturwissenschaftlerin in mir quietschte bei der Lektüre von „Das Institut“ vor Vergnügen, weil der marode Zustand des Instituts und die vor Arroganz strotzenden Angestellten und ihrer durch Mangel an Niederlagen und fehlenden Widerspruch, fehlenden Hindernissen hervorgerufenen Nachlässigkeit, Übersättigung und Faulheit so sehr an Donald Trumps Regierung erinnern und dem, was er aus den Vereinigten Staaten gemacht hat.

Die USA sehen sich gern in der Rolle der Weltpolizei, der Retter der Welt, die zu den „Guten“ gehören und die Geschicke der Welt so leiten, dass alles im Gleichgewicht bleibt – unter der Führung der USA, natürlich. Und das nur, weil sie bei den Weltkriegen in den letzten Jahren die Alliierten unterstützt und so zu ihrem Sieg beigetragen haben. Dass sie seitdem keinen einzigen Krieg mehr so wirklich für sich entscheiden konnten, scheinen sie nicht zu realisieren. Immer wieder halten sie an derselben Strategie fest, in andere Länder einzufallen und dort vermeintlich das „größere Wohl“ einbringen zu wollen. Das wird von den Verantwortlichen nicht hinterfragt, niemand setzt ihnen wirklich etwas entgegen – das haben sie schon immer so gemacht, also warum sollten sie etwas daran ändern? Außerdem: Sie sind das großartigste Land der Welt, sie haben die großartigste Demokratie und die großartigsten Werte und sie meinen es ja nur gut, wenn sie andere zu ihrem Glück zwingen. Und das ist auch die Haltung, die die Verantwortlichen im Institut verinnerlicht haben.


Und, habt ihr Stephen Kings „The Institute“ schon gelesen? Was haltet ihr von meiner Interpretation? Blödsinn? Oder ist da vielleicht etwas dran? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt. 🙂

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Literatur

100. Stück: Ist Nathanael aus E. T. A. Hoffmanns „Der Sandmann“ der Archetyp eines Verschwörungstheoretikers?

Als Mitte März die Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Covid19-Pandemie losgingen und noch alle ohne zu Murren mitgemacht haben, gab es eine große Solidarität, den Willen zusammenzuhalten und auch ein großes Vertrauen in die Wissenschaft. Meine Mutter und ich unterhielten uns damals am Telefon darüber, wie lange das wohl anhalten würde, ob nach der Krise, wenn sich alles wieder ein wenig beruhigt hätte, die Menschen vielleicht ein kleines bisschen von dieser Solidarität mitnehmen würden. Ich vermutete, dass viele Menschen wieder genau dieselben egozentrischen, eitlen, Logik und Wissenschaft verachtenden Dummtröten sein würden wie vorher – aber trotz Zynismus und einer gewissen mir innewohnenden Misanthropie hätte ich nie gedacht, dass das so schnell gehen würde und dass das schon so ausarten würde, wenn wir eigentlich noch mittendrin sind in der Pandemie.

Well, that escalated quickly …

Vor allem habe ich es wirklich nicht kommen sehen, dass so viele Menschen plötzlich Verschwörungstheoretikern mehr Glauben schenken als Wissenschaftlern, die sich schon seit Jahren mit der Erforschung von Coronaviren und Pandemien beschäftigen. Das finde ich erschreckend – und es fällt mir schwer, das zu verstehen. Was geht bloß in den Köpfen von den Menschen vor, die einem weinerlichen Schlagersänger oder einem größenwahnsinnig gewordenen, waffennärrischen Koch plötzlich mehr wissenschaftliche Expertise zutrauen als einem Virologen? Warum glauben sie den unlogischen Quatsch, der nur durch falsch interpretierte, verkürzte, verzerrte oder komplett frei erfundene „Fakten“ zusammenhält? Warum sehen sie keinen Widerspruch darin, wenn jemand im Brustton der Überzeugung gegen die „Mainstream-Medien“ wettert, gleichzeitig aber ebendiese „Mainstream-Medien“ als Quellen angibt? Warum macht es sie nicht stutzig, wenn da irgendein Typ sich selbst als Oberchecker inszeniert, dabei die ganze Zeit von sich redet und alle Register des Überwältigungspathos zieht?

Was ist bloß los mit diesen Menschen, die auf Demos ihre Meinung kundtun, dass sie ja gar nicht mehr ihre Meinung kundtun dürften? Die Angst vor einem „Impfzwang“ haben, obwohl es den entsprechenden Impfstoff noch nicht gibt? Die einen Computerfachmann und Milliardär zum absoluten Bösen erklären, der aus nicht ansatzweise logisch schlüssigen Gründen die Menschheit sowohl dezimieren als auch versklaven und kontrollieren will, nicht aber per Computer, wie es für einen Computerfachmann naheliegend wäre, sondern superkompliziert mit einem Chip, der unter die Haut gespritzt wird, während die Leute zwangsgeimpft werden mit dem Impfstoff, den es noch nicht gibt?

Alle bekloppt?

Klar, man kann sagen: Die sind eben bekloppt. Aber ich denke, so einfach ist es nicht – schließlich fallen auch vormals „normale“ Leute auf das Überwältigungstheater und Verschwörungsgeschwurbel herein. Also, was passiert da im Oberstübchen?

Bei einem meiner Waldspaziergänge, die ich mir seit Anfang des Lockdowns angewöhnt habe, sinnierte ich darüber nach, was mit diesen Menschen los sein könnte und fragte mich, warum sie so beratungsresistent, so von sich selbst überzeugt sind. Was sind das überhaupt für Typen, die auf den ganzen Schmu reinfallen?

Was mir aufgefallen ist, zumindest ist das mein Eindruck, ist eine aggressive, selbstverliebte, selbstgerechte, über jeden Zweifel erhabene Arroganz, mit der diese Leute jedes logische Argument, jede Nachfrage, jeden Einwand abschmettern. Gleichzeitig scheinen sie sich über die Schauermärchen der nur von ihnen und den anderen Erleuchteten aufgedeckten Verschwörungen zu identifizieren – also, wenn man ihre Geschichten kritisiert, dann fühlen sie sich tief in ihrer Person, in ihrem Selbstbild infrage gestellt – und reagieren entsprechend, als wolle man ihnen ihr Innerstes stehlen, und was bleibt ihnen dann noch?

Was hat das mit Hoffmanns „Der Sandmann“ zu tun?

Und dann (jetzt komme ich dann auch endlich mal zum Thema dieses Essays) dachte ich: Moment mal? Diese Verhaltensweise, diese Denkart, dieser Typus – das kenne ich doch irgendwoher? Und dann fiel es mir ein: „Der Sandmann“ von E. T. A. Hoffmann, Nathanael.

Nathanael ist fest davon überzeugt, dass sich alle gegen ihn verschworen haben, dass alle absichtlich leugnen, was er schon längst erkannt hat: Coppelius und Coppola sind ein- und dieselbe Person, das „böse Prinzip“, der Sandmann, der Nathanael die Augen ausreißen will und ihm nach dem Liebesglück mit Clara und nach dem Leben trachtet. Er steigert sich immer weiter in seinen Wahn und verfällt außerdem in eine Liebeswahn zur Holzpuppe Ophelia, die er für einen echten Menschen hält.

Seine Verlobte Clara versucht ihm klar zu machen, dass die Verschwörung nur in seiner Vorstellung existiert: „Gibt es eine dunkle Macht, die so recht feindlich und verräterisch einen Faden in unser Inneres legt, woran sie uns dann festpackt und fortzieht auf einem gefahrvollen verderblichen Wege, den wir sonst nicht betreten haben würden – gibt es eine solche Macht, so muß sie in uns sich wie wir selbst gestalten, ja unser Selbst werden; denn nur so glauben wir an sie und räumen ihr den Platz ein, dessen sie bedarf, um jenes geheime Werk zu vollbringen.“

Nathanael findet das ganz und gar nicht lustig und schreibt an Claras Bruder Lothar: „Sie hat mir einen sehr tiefsinnigen philosophischen Brief geschrieben, worin sie ausführlich beweiset, daß Coppelius und Coppola nur in meinem Innern existieren und Phantome meines Ichs sind, die augenblicklich zerstäuben, wenn ich sie als solche erkenne. In der Tat, man sollte gar nicht glauben, daß der Geist, der aus solch hellen holdlächelnden Kindesaugen oft wie ein lieblicher süßer Traum hervorleuchtet, so gar verständig, so magistermäßig distinguieren könne. Sie beruft sich auf Dich. Ihr habt über mich gesprochen. Du liesest ihr wohl logische Collegia, damit sie alles fein sichten und sondern lerne. – Laß das bleiben!“

Die Reaktion Nathanaels auf Claras logische, schlüssige und natürliche Erklärungen seiner Ängste ähnelt der Reaktion von Verschwörungsjüngern in sozialen Netzwerken, wenn man die Logik ihrer Behauptungen infragestellt: herablassend, ätzend-ironisch, unwirsch, uneinsichtig, pampig. Doch er beruhigt sich wieder und kehrt zwischendurch von seinen Wahnideen ab. Es ist aber nicht von Dauer und der Erzähler beschreibt:

„Recht hatte aber Nathanael doch, als er seinem Freunde Lothar schrieb, daß des widerwärtigen Wetterglashändlers Coppola Gestalt recht feindlich in sein Leben getreten sei. Alle fühlten das, da Nathanael gleich in den ersten Tagen in seinem ganzen Wesen durchaus verändert sich zeigte. Er versank in düstre Träumereien und trieb es bald so seltsam, wie man es niemals von ihm gewohnt gewesen. Alles, das ganze Leben war ihm Traum und Ahnung geworden; immer sprach er davon, wie jeder Mensch, sich frei wähnend, nur dunklen Mächten zum grausamen Spiel diene, vergeblich lehne man sich dagegen auf, demütig müsse man sich dem fügen, was das Schicksal verhängt habe. Er ging so weit, zu behaupten, daß es töricht sei, wenn man glaube, in Kunst und Wissenschaft nach selbsttätiger Willkür zu schaffen; denn die Begeisterung, in der man nur zu schaffen fähig sei, komme nicht aus dem eignen Innern, sondern sei das Einwirken irgendeines außer uns selbst liegenden höheren Prinzips.“

Nathanael als Verschwörungstheoretiker?

Und das beschreibt meines Erachtens auf den Punkt, wie mir die Verschwörungsschwurbler aktuell vorkommen, die den ganzen Mumpitz glauben und sich von Argumenten, Expertise oder auch nur simpler Logik nicht beirren lassen. Man sieht also, Xavier, Attila, Ken und Co. haben absolut nichts erfunden. Im „Sandmann“ von 1816 wurde das Phänomen der Verschwörungstheoretiker mit Nathanael als Archetyp treffend beschrieben, ebenso die irritierte, verwirrte und besorgte Reaktion der „Schlafschafe“, die den Schwurbelkram nicht glauben.

Ich habe damals an der Uni eine Hausarbeit über die Figurencharakterisierung im „Sandmann“ geschrieben und in meiner mündlichen Prüfung das Phänomen des Unheimlichen in E. T. A. Hoffmanns „Nachtstücken“ analysiert. Meiner These nach besteht das Unheimliche darin, wenn man nicht genau weiß, was in einer erzählten Welt tatsächlich der Fall ist, und was nicht. Wir erleben jetzt mit der Pandemie eine Phase des Unheimlichen, die uns wahrscheinlich noch eine ganze Weile begleiten wird (vermutlich, bis ein Impfstoff oder ein Medikament gegen Covid19 zugelassen wurde).

Die Wissenschaftler tun ihr Bestes und informieren laufend über den aktuellen Stand ihrer Forschung – da sie aber noch mittendrin sind und noch nichts wirklich 100 % sicher ist, wissen wir noch nicht so genau, was tatsächlich Fakt ist in Bezug auf das Virus und was nicht. Deswegen müssen wir besonders vorsichtig sein und die Verbreitung möglichst eindämmen – das ist das Einzige, was wir tun können, wo wir wissen, dass es hilft: Abstand halten und – wo das nicht möglich ist – Schutzmasken tragen. Nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Das ist nicht viel und es ist nicht wirklich befriedigend, noch so wenig Gewissheiten zu haben – aber da müssen wir alle durch und noch eine Weile aushalten.

Nur ist diese Aushalten von Ungewissheit anscheinend nicht jedermanns Ding. Es muss doch für all das eine Erklärung geben? Einen Verantwortlichen? Einen Schuldigen? Wie kann das sein, dass ICH, der ICH sonst immer wusste, wo ich im Leben stehe, plötzlich nichts tun und nichts sagen kann, was zur Problemlösung beiträgt? Oder mir zumindest das Gefühl von Macht und Einfluss verleiht?

Es ist, meiner Meinung nach (man kann mir da auch gern widersprechen), dieses Gefühl der Ohnmacht, diese Angst vor Macht- und Potenzverlust (im Sinne von Handlungsfähigkeit), dieses Fehlen von Selbstwirksamkeit, die diese Menschen in eine Art Identitätskrise stürzt. Vielleicht spielt da auch enttäuschter Narzissmus eine Rolle, wie bei Nathanael.

Und wie Nathanael saugen diese Menschen dann Verschwörungstheorien wie ein Schwamm auf, weil diese plötzlich eine einfache Erklärung für die aktuelle, unheimliche Situation haben. Und das Beste ist: Man selbst ist nicht Schuld! Und man selbst sowie die Gleichgesinnten hat es geblickt, hat die große Verschwörung durchschaut, hat die perfiden Pläne des „bösen Prinzips“ in Gestalt von Bill Gates oder Denen-Da-Oben oder den Illuminati oder den Reptiloiden oder wem-auch-immer durchschaut. Und da ist es wieder, das Gefühl von Macht, das man verloren glaubte. Das fühlt sich wahrscheinlich ziemlich gut an.

Was meint ihr? Ergibt meine Einschätzung Sinn? Oder fange ich auch schon an, Geister zu sehen? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt.

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Literatur

99. Stück: Erfundene Filmkritiken oder Filme, die im Kino laufen könnten

Da zur Zeit die Kinos geschlossen sind, habe ich mir auf meiner Facebook-Seite ein Spiel ausgedacht: „Kritiken zu Filmen, die jetzt im Kino laufen könnten“. Ähnlich wie bei meiner Improgeschichten-Blogparade vor ein paar Jahren kann man mir ein paar Stichworte nennen (z. B. einen Regisseur, Schauspieler, einen Gegenstand, Ort der Handlung und/oder eine Figur) und ich erfinde dazu einen Film und schreibe eine Filmkritik darüber.

Die Ergebnisse möchte ich euch nun auf meinem Blog präsentieren. Viel Spaß beim Lesen!

(Und wer Lust bekommt, mir auch ein paar Stichworte zu nennen, kann das gern hier in den Kommentaren oder weiterhin auf Facebook tun)

1. Eine Liebeskomödie von Michael Bay? Warum nicht

„Die Braut des Godzilla“ von Michael Bay ist eine schräge Mischung aus Actionkracher und Liebeskomödie. Ich hätte Michael Bay nie für einen Romantiker gehalten, aber ich muss sagen, die Geschichte von Bill (Dolph Lundgren) und Maggie (Scarlett Johansson) geht stellenweise doch ans Herz.

Aber einmal von vorn: In „Die Braut des Godzilla“ geht es um den in die Jahre gekommenen Actionfilmschauspieler Bill, der sich in Tokio niedergelassen hat, und dort eigentlich am liebsten seinen Ruhestand genießen würde. Doch dann braucht seine bezaubernde Nachbarin Maggie dringend seine Hilfe. Ihr Haustier, eine Echse namens Zilli, hat ihren Lieblingsring verschluckt – und das ist nicht irgendein Schmuckstück, sondern ein magischer Ring. Das zumindest hat ihr ihre Großmutter erzählt, die ihr den Ring einst vermachte.

Was genau so magisch an dem Ring war, wusste Maggie auch nicht. Bei ihr hat er nie irgendeine außergewöhnliche Wirkung gezeigt. Aber offenbar bedurfte es dafür des Kontaktes mit den Verdauungssäften einer Echse. Denn Zilli fängt seit dem Malheur plötzlich unkontrolliert an zu wachsen. Das klingt zwar hanebüchen, funktioniert aber prima, weil Lundgren und Johansson wunderbar miteinander harmonieren. Da stimmt einfach die Chemie.

Jedenfalls – Achtung! SPOILER! – wird aus Zilli der berühmt-berüchtigte Godzilla. Können Bill und Maggie ihn aufhalten, bevor er ganz Tokio dem Erdboden gleichmacht? Das müsst ihr euch dann schon selbst ansehen.

Fazit: Herrlich bekloppt und sehenswert, besonders für Fans trashiger B-Movies und schrägen Humors. 3,5/5 Sternen.

2. Wenn Steven Spielberg auf Harry Potter trifft, …

„Der Aufstieg Voldemorts“ von Steven Spielberg spielt, wie auch die Filmreihe „Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ im Harry-Potter-Universum, und zwar in der Zeit vor den Ereignissen rund um den berühmten Zauberlehrling, aber nach den Abenteuern von Newt Scamander.

Die Geschichte dreht sich um Harry Potters Eltern James und Lily sowie Professor Snape (gespielt von niemand Geringerem als Leonardo DiCaprio – der übrigens mit langen schwarzen Haaren ziemlich cool aussieht).

Es sind beunruhigende Zeiten, denn ein mächtiger Magier namens Tom Riddle hat seine dunkle Seite entdeckt und findet immer mehr Anhänger, die sich nicht länger von den Muggeln sagen lassen wollen, was sie zu tun und zu lassen haben – schließlich seien sie die höher entwickelte Rasse.

James, Lily und Snape betrachten die Entwicklungen mit Sorge und formieren eine Widerstandsgruppe. Professor McGonagall – in ihrer jüngeren Version gespielt von einer glänzend aufgelegten Charlize Theron – schließt sich ihnen an und gemeinsam kämpfen sie für das Gute.

Ich bin ja sowieso ein Riesen-Harry-Potter-Fan, von daher bin ich bei den Geschichten aus dieser Welt ein wenig unkritisch. Aber hier ist das wirklich besonders gut gelungen: tolle Schauspieler, sympathische Figuren (es macht einfach Spaß, die jüngeren Versionen von Snape, McGonagall und Co. zu erleben) und natürlich niedliche Tierwesen (ein Niffler ist auch wieder mit von der Partie! ❤ ), ein traumhafter Soundtrack (John Williams!) … was will man mehr?

Fazit: Ein Muss für Harry-Potter-Fans! Nicht verpassen. 4,5/5 Sternen.

3. Ein Beatles-Musical mit Riesenratten von Woody Allen

Mit „All you need is love“ hat sich Woody Allen wieder einmal an ein Musical gewagt – und ist damit nach einer längeren Reihe eher mittelmäßiger, belangloser Filme endlich wieder zu Höchstform aufgelaufen. Und er ist auch wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und hat die Handlung von „All you need is love“ nach New York verlegt.

Die Story: Der neurotische und nur mäßig erfolgreiche Drehbuchautor George Mueller (Robert Pattinson) will mit seinem nächsten Projekt seinen großen Durchbruch schaffen! Dann könnte er auch endlich seiner großen Liebe und Langzeitfreundin Stella (Kristen Stewart) einen Heiratsantrag machen. Das ist wirklich mal überfällig. Außerdem hat er den Verdacht, dass sie ihren Kollegen Hank viel attraktiver findet als ihn. So wie sie immer von Hank erzählt: er habe immer so tolle Ideen und sei ja so lustig und wirklich furchtlos und wie überzeugend er bei den Präsentationen vor den Kunden immer auftritt blablabla … blöder Hank, George hasst den Scheißkerl.

Jedenfalls will er Stella beweisen, dass er mindestens genauso mutig und cool sein kann wie dieser bescheuerte Angeber, der sich idiotisch viel darauf einbildet, Bierflaschen mit den Zähnen öffnen zu können, das wird sich schon noch rächen irgendwann und George wird dann ganz bestimmt nicht Hanks Zahnarztrechnung bedauern, das hat der Typ dann nicht anders verdient und – ach, ist ja auch egal, wo waren wir stehengeblieben? Genau, Georges neues Drehbuch. Der Film wird ein Neo-Noir mit Horrorelementen und philosophisch-psychologischem Überbau, vielleicht auch spirituell-religiös angehaucht, da ist sich George noch nicht so sicher. Um Stella seinen Wagemut zu beweisen und um authentische Inspirationen für sein Werk zu sammeln, will er selbst vor Ort in der Kanalisation New Yorks recherchieren, die Atmosphäre auf sich wirken lassen.

Aber halt! In der Kanalisation gibt es doch Ratten? George hasst die Viecher! Und bei seinem Glück gibt es gerade an der Stelle, wo er recherchiert, diese mutierten Riesenratten, von denen er irgendwo im Internet gelesen hat, was natürlich keine seriöse Quelle ist, aber es klang logisch, schließlich landet ja allerhand Dreck in der Kanalisation – abgelaufene Medikamente, chemische Abfälle, … – und wenn die Ratten das fressen (und Ratten fressen ALLES), dann ist es absolut naheliegend, dass sie mutieren und riesengroß werden! Vielleicht sollte er Stella einfach nur erzählen, dass er das macht, bleibt aber eigentlich gemütlich zu Hause auf der Couch in Sicherheit und recherchiert weiter im Internet. Doch dann will Stella unbedingt mitkommen …

Ach herrje! Aber George fasst sich ein Herz und sieht auch keinen souveränen Weg, aus der Nummer wieder herauszukommen, und so begeben sich Stella und George gemeinsam in die Kanalisation von New York. Allerdings nimmt George vorsichtshalber eine Falle für Riesenratten mit, die er selbst aus einem Umzugskarton, Büroklammern und Klebeband gebastelt hat – die Anleitung hat er auf YouTube entdeckt und die soll richtig gut funktionieren, da kann Hank sich aber gleich ganz hinten anstellen, so nämlich!
Spoiler! In der Kanalisation sind keine Riesenratten und die normalgroßen Nager sind scheu und verstecken sich vor den Menschen (sie haben viel mehr Angst vor George als er vor ihnen). Was aber stimmt, ist, dass sich allerhand chemisches Zeug in der Kanalisation befindet. Tollpatsch George stolpert und fällt in die stinkige Plörre und als er wieder auftaucht, hat er eine Vision: Jesus erscheint ihm und er hat eine Botschaft: All you need is love – alles, was du brauchst, ist Liebe. Das stimmt, denkt George, und macht Stella noch in der Kanalisation einen Heiratsantrag und steckt ihr eine Getränkedosenlasche als Ring an, die gerade vorbeigeschwommen kam.

Das Ganze ist wieder mit pointierten Dialogen, die im Affentempo hin und her schießen, nach typischer Woody-Allen-Manier gewürzt. Und – es ist ein Musical. Allen hat hier Beatles-Songs in Swing-Versionen zwischen die Dialoge eingebaut, was wunderbar funktioniert und für einen fantastischen Soundtrack sorgt!

Robert Pattinson und Kristen Stewart, einst das Traumpaar der Teenieschmonzettenreihe „Twighlight“, zeigen hier, dass sie – obwohl im wahren Leben längst kein Paar mehr – nach wie vor toll miteinander harmonieren können. Aber sie sind auch beide erwachsen geworden und haben dazugelernt. Haben sie in Twighlight noch wirklich, wirklich schlecht gespielt, sind die beiden hier erstaunlich überzeugend, unterhaltsam und ausdrucksstark.

Fazit: Ein Muss für Woody-Allen-Fans, für Musical-Fans und für Beatles-Fans! Nicht verpassen. 4,5/5 Sternen

4. Ein bayrisches Urgestein auf Hallig Hooge? Das kann ja heiter werden

„Hallig Hooge Herzenslust“ von Rosa von Praunheim ist zwar ein Heimatfilm, aber einer, der das Genre ironisch bricht und neu definiert.

Der Ur-Bayer Ottfried Fischer spielt darin den pensionierten Lehrer Alois Obermayer, den die Liebe von seinem bayerischen Dorf nach Hallig Hooge verschlagen hat. Kerstin heißt seine Herzensdame, ist Polizistin und wird gespielt von Katja Riemann. Doch es gibt Knatsch. Kerstin findet, Alois lasse sich zu sehr gehen, seit er in Rente ist. Alois findet, Kerstin solle sich mal entspannen und das Leben genießen.

Die kleinen Querelen zwischen den beiden verlieren jedoch an Bedeutung, als Kerstins jüngere Schwester Alina (Sarah Connor) plötzlich auf der Türschwelle steht. Sie ist Umweltaktivistin und hat dem falschen Unternehmen ans Bein gepinkelt. Der Stromkonzern Lattenwall bremse systematisch den Ausbau erneuerbarer Energien auf Hallig Hooge aus, berichtet sie. Sie hatte sich dort als Sekretärin des Konzern-CEOs Adrian Hansen (Matthias Schweighöfer) eingeschlichen und hat dann auch noch herausgefunden, dass dieser mit korrupten Politikern gemeinsame Sache macht – ein ziemlich großes Ding also.

Alois, Kerstin und Alina überlegen sich einen Schlachtplan – denn natürlich sind die wenigen Beweisstücke, die Alina vor ihrer Flucht im Büro von Adrian Hansen noch schnell sammeln konnte, zu nichts zu gebrauchen, da sie vor Gericht keinen Bestand hätten.

Alina erzählt beiläufig, wie sehr sie sich zusammenreißen musste, um diesem arroganten Lackaffen von Hansen nicht jedes Mal eine zu zimmern, sobald er seine große Klappe aufriss. Alina regt sich darüber auf, dass Hansen, dieser peinliche Berufsjugendliche, dieser lächerliche Hipster-Schnösel, sich chinesische Schriftzeichen tätowieren lassen wollte, von denen er meinte, sie lauteten „Mut und Stärke“ – völliger Quatsch, so Alina, die 10 Semester Sinologie studiert hat, die Schriftzeichen bedeuteten nur „Wer das liest, ist doof“.

Da fällt Alois etwas ein! Einer seiner ehemaligen Schüler, mit dem er noch befreundet ist, hat zusammen mit seinem Lebensgefährten ein Tattoo-Studio in München eröffnet. Er könnte sich doch mit einem mobilen Tätowier-Set bei Hansen vorstellig werden, sein Vertrauen gewinnen und ihn zum Reden bringen. Kerstin könnte ihre Kollegen mit ins Boot holen, um den Tätowierer zu verkabeln und Hansens Geständnis aufzuzeichnen. Ein gewagter Plan … ob er wohl gelingen wird?

Das Ganze ist tatsächlich recht spannend und Gesellschaftskritik und Politik kommen auch nicht zu kurz. Damit „Hallig Hooge Herzenslust“ aber nicht zu ernst wird, hat Rosa von Praunheim noch das deutsche Comedy-Urgestein Fips Asmussen zu einem Cameo-Auftritt überreden können – und der hat sichtlich Spaß daran, Alois, Kerstin und Alina bei ihrem Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft zu unterstützen.

Fazit: Endlich mal ein Heimatfilm, der nicht einfach nur kitschig, spießig und trutschig ist. Kann man sich gut angucken (wenn man die eine oder andere Logiklücke freundlich ignoriert). 3,5/5 Sternen.

5. Wikipedia als Stichwortgeber für einen Filmplot

„Eine total verrückte Klassenreise in einem durchgeknallten Zug“ von Regie-Neuling Dr. Klein ist eine Hommage an die alten „Die Lümmel von der ersten Bank“-Filme und eine Parodie auf amerikanische Highschool-Komödien. Man merkt der Produktion allerdings ihr spärliches Budget an – mal im positiven, mal im negativen Sinn.

Positiv sind die teils sehr witzigen und kreativen Einfälle und skurrilen Gags, die Dr. Klein in seine völlig hanebüchene Handlung eingebaut hat. Negativ ist aber vor allem seine Entscheidung, nur Laiendarsteller mit keinerlei Filmerfahrung engagiert zu haben. Die Hauptdarstellerin Gabrielle Zwiehoff, die die Geschichtslehrerin Barbara Patzek spielt, zum Beispiel ist eigentlich Juristin und gibt sich auch sichtlich Mühe – aber Schauspiel ist einfach nicht wirklich ihre Stärke. Das ist ja nicht schlimm – man kann und muss nicht alles können und müssen -, aber es stört halt doch das Filmvergnügen.

Obendrein hielt Dr. Klein es für eine fantastische Idee, seinen Laiendarstellern kein festes Drehbuch vorzugeben, sondern sie den ganzen Unfug improvisieren zu lassen. Und so entbehrt die Story wirklich jeder Logik. Aus irgendeinem Grund startet die Klassenreise, um die es hier zumindest dem Titel nach gehen soll, in Österreich, um dann auf nicht ansatzweise plausiblen Wegen plötzlich in Schweden auf der Eisenbahnstrecke Godsstråket genom Bergslagen in einem Zug zu enden.

Fazit: Nee, also, das war nichts. Peinlich, dilettantisch, nicht gut gemacht – den Film kann man sich sparen. 1/5 Sternen.

6. Quentin Tarantino als Romantiker? Das kommt dann davon:

„High Tide, Motherf*ckers!“ von Quentin Tarantino ist eine durchgeknallte Liebeskomödie mit einem bestens aufgelegten Russel Crowe in der Hauptrolle als Kapitän Zack Beauford, der ein mildes Alkoholproblem hat und aufgrund eines „Vorfalls“ an der italienischen Küste, als er den Touristen zeigen wollte, wie nah er ans Ufer fahren kann, ohne dass etwas passiert (es ist doch etwas passiert. Upsi!), keine Kreuzfahrtschiffe mehr befehligen darf. Er fühlt sich ungerecht behandelt und tut nun einfach auf seiner Yacht so, als wäre er immernoch Kapitän und alles wäre in bester Ordnung.

So könnte es auch ersteinmal weitergehen, würde Captain Beauford nicht auf hoher See, unterwegs auf seiner Yacht, einem Floß mit Schiffsbrüchigen begegnen und sie in einem Anfall von Nächstenliebe, der eigentlich sehr untypisch für ihn ist, auf seine Yacht holen.

Wir erfahren nun in Rückblenden und Episoden, wie die einzelnen Schiffbrüchigen auf das Floß gelangt sind, und dass es keineswegs Zufall ist, dass sie dann Captain Beauford und seiner Yacht begegnen – denn jeder von ihnen hat mit dem Kerl noch ein Hühnchen zu rupfen. Ganz besonders die mysteriöse Madame Yellow verfolgt ihre eigenen Pläne … und sie dürstet nach Rache. Die dann auch in gewohnter Tarantino-Manier äußerst blutig eskaliert. Eine Eismaschine spielt dabei eine ziemlich makabre Rolle – aber mehr verrate ich an dieser Stelle lieber nicht.

Aber halt! Soll der Film nicht eine Liebeskomödie sein? Das ist er auch tatsächlich. Denn unter den Schiffbrüchigen und Captain Beauford entspinnt sich ein turbulentes Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen nach bester Boulevard-Theater-Tradition … man darf also gespannt sein.

Fazit: Ein Riesenspaß, den man sich nicht entgehen lassen sollte! 4,5/5 Sternen.

7. Wenn Caroline Link einen Film Noir mit Christoph Waltz drehen würde

Mit „Nachts sind alle Katzen grau“ begibt sich Caroline Link in ein für sie unbekanntes Genre: den Film Noir – und es funktioniert hervorragend.

In diesem kammerspielartigen Krimi schlüpft Christoph Waltz in die Rolle des abgeklärten, zu Depressionen neigenden Privatdetektivs Samuel „Sam“ Wallis – und zeigt damit, dass er noch mehr Facetten spielen kann als den durchgeknallten Oberbösewicht mit guten Manieren. Sein Sam hat es mit den guten Manieren jedenfalls nicht so – viel zu ineffizient, wenn es darum geht, Leute zum Reden zu bringen, ist seine Erfahrung. Und durchgeknallt ist er auch nicht – er hat nur ein leichtes Problem mit seiner Selbstbeherrschung (behauptet seine Ex-Frau Monika, die alte Spinatwachtel).

Eines Tages kommt die mysteriöse Femme fatale Sonja Solace in sein Büro – gespielt von Sibel Kekilli – und braucht seine Hilfe. Ihr Mann ist verschwunden und sie hat Angst, ihm könne etwas zugestoßen sein. Er habe wohl neben seinem eigentlichen Beruf als Filialleiter eines Supermarkts nicht ganz lupenreine Wetten im Internet betrieben und könnte möglicherweise den falschen Leuten dabei auf den Schlips getreten sein.

Sam und Sonja fangen an, im Supermarkt zu ermitteln. Dabei kommen sie sich allmählich näher … huiuiui, gefährlich! Vor allem in Anbetracht dessen, dass Sonjas Ehemann ihr einiges verschwiegen hat, was seine Internetwettgeschichten angeht – unter anderem, wie viele Schulden er hatte und bei wem.

Als Sonja und Sam eines Tages zurück in Sams Büro wollen, liegt ein Geschenk vor der Tür – hübsch verpackt, mit Geschenkband, Schleife, Firlefanz. Für eine Bombe ist es zu leicht, ticken tut das Päckchen auch nicht … die beiden beschließen, es zu öffnen. Sonja wird beim Anblick des Inhalts kreidebleich: ein blutiger Schraubenschlüssel und daneben eine einzige, dreckige Socke!

Wer hat die Botschaft geschickt und vor allem: Was bedeutet sie? Ist Sonja wirklich so unschuldig, wie sie tut? Was hat ihr Mann wirklich für Geschäfte gemacht? Fragen über Fragen, die Sam in einen Strudel der Emotionen werfen – ihn aber endlich wieder aus seiner Lethargie reißen. Doch sein Eifer wird nicht ohne Folgen bleiben …

Fazit: Ein spannender Krimi, düstere Atmosphäre und gute Schauspieler – lohnt sich! 4/5 Sternen.

8. Ein Horrorfilm im Zoo von Fatih Akin

„Blutdurst“ von Fatih Akin ist ein verstörender Horrorfilm mit einem furchteinflößenden Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle des Zoodirektors Jochen Begenhack, der in seiner Freizeit einem ziemlich eigentümlichen Hobby frönt: dem Züchten neuer Tierarten.

Gedreht hat Akin wieder einmal in seiner geliebten Heimatstadt Hamburg, dieses Mal ist der Tierpark Hagenbeck Ort des Geschehens. Die Handlung bleibt auch die ganze Zeit im Zoo beziehungsweise im Tropenaquarium. Obwohl der Tierpark recht weitläufig ist, schafft es Akin, eine klaustrophobische Stimmung zu erzeugen und das ständige Gefühl der Bedrohung durch die Atmosphäre wabern zu lassen.

Dabei kann er sich voll und ganz auf Moritz Bleibtreu verlassen, der die schleichend immer stärker werdende Paranoia und Wahnvorstellungen des Zoodirektors mit beängstigender Intensität spielt.

Ihm entgegen stehen drei Frauen: Die Reporterin Marina Andresen (Andrea Sawatzki), die Tierpflegerin Anna Peters (Cosma-Shiva Hagen) und die Unternehmensberaterin Inga von Hove (Helene Fischer). Alle drei befinden sich aus verschiedenen Gründen nach Feierabend noch im Zoo. Marina Andresen hat von der Freizeitbeschäftigung des Zoodirektors Wind bekommen und wittert eine Riesenstory. Anna Peters ist ihre Informantin – sie arbeitet im Aquarium bei den Krokodilen und hat den Zoodirektor auffallend oft dort herumstreifen sehen. Inga von Hove hingegen wurde vom Bruder des Zoodirektors (mit dem dieser in eine üble Familienfehde verwickelt ist) beauftragt, mal heimlich Nachforschungen anzustellen, ob der Direktor nicht vielleicht Gelder veruntreut oder anderen Schindluder betreibt, mit dem man ihn aus dem Geschäft drängen könnte – fies.

Nach und nach finden sich unsere vier Protagonisten im Aquarium wieder. Dort entdecken sie das geheime Zuchtlabor des Zoodirektors – und seine neueste Kreation, eine Kreuzung zwischen Hai, Krokodil und Piranha … und sie ist sehr, sehr hungrig.

Fazit: Ein gelungener Horrorfilm, bei dem sich der Grusel und die Spannung vor allem auf psychologischer Ebene abspielen – die blutrünstige Kreatur sieht man erst ganz zum Schluss und auch da wird sie nur angedeutet. Die Fantasie erledigt den Rest. Lohnt sich! 4/5 Sternen

9. Noch mal Michael Bay, aber dieses Mal im Weltall

„Das Raumschiff aus der Hölle“ von Michael Bay ist ein actiongeladener Science-Fiction-Quatsch, dessen Story zwar völlig an den Haaren herbeigezogen ist, der aber trotzdem einen Heidenspaß macht.

Im Mittelpunkt der Handlung (oder das, was man als Vorwand für allerhand Prügeleien, Explosionen und Schießereien genommen hat) steht das Raumschiff Apokalyptika. Die ganze Geschichte spielt in einer alternativen Gegenwart, in der der Kalte Krieg nie ein Ende fand und die Amerikaner und Russen zu immer größenwahnsinnigeren Waffenexperimenten verleitet hat. Aktueller Höhepunkt: die Apokalyptika – eine über und über mit Waffen und Abwehrsystemen versehene Festung im Weltall, die in der Umlaufbahn der Erde patrouilliert und darauf wartet, dass die Russen sich endlich mal blicken lassen oder wenigstens ein paar angriffslustige Aliens, damit man die ganzen schönen Waffen auch mal benutzen kann. Aber nichts dergleichen passiert, die Apokalyptika und ihre Mannschaft sind allein im Weltraum.

Die Hauptrolle spielt niemand Geringeres als William Shatner. Er ist der gealterte Admiral John D. Burke – zynisch, resigniert, amtsmüde. Ihm zur Seite steht Colonel James McBain (Bruce Willis), dem allerdings die zunehmende Isolation auf dem Raumschiff ganz und gar nicht gut tut. Er trinkt zu viel, schluckt alle möglichen Medikamente, die er kriegen kann und fängt an, überall Gespenster zu sehen.

Die Situation eskaliert, als sich der Arzt des Raumschiffs, Jack Rambola (Sylvester Stallone), anfängt darüber zu wundern, warum die Medikamentenvorräte so schnell zur Neige gehen, und Nachforschungen anstellt. Er kommt McBain auf die Schliche und will ihn zur Rede stellen. Dieser sieht allerdings in dem Arzt eine riesenhafte Monsterversion von Spongebob und halluziniert, dass dieser ihm seine Gummibärchentüte stehlen will! Das lässt sich McBain nicht gefallen. Es kommt zum Gerangel, dann zieht Dr. Rambola plötzlich eine Waffe und will eigentlich einen Warnschuss abgeben – trifft dabei aber versehentlich Admiral Burke. Zum Glück ist es aber nur ein Streifschuss. Burke überlebt und entdeckt seine Lebensgeister neu – leider ist das für die anderen beiden Männer nicht von Vorteil, denn Burke ist auf Rache aus und er hat jede Menge bis dato ungenutzte Waffen zu seiner Verfügung …

Fazit: Perfekt für einen langweiligen Sonntag – Kopf aus, Film ab. 3,5/5 Sternen.

10. Ein Stummfilm mit Eddie Murphy? Herausforderung angenommen!

„The Master of Guns“ von den Wachowski-Geschwistern ist ein gewagtes filmisches Experiment: ein Stummfilm-Western mit Eddie Murphy in der Hauptrolle als Neelo Anderson, einem gestrauchelten Revolverhelden auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Den hofft er zu finden, indem er sich am Rande des kleinen Städtchens Riotcreek mit einem Freibad niederlässt.

Zunächst geht auch alles gut. Das Geschäft läuft nicht schlecht, er kann weitere Mitarbeiter einstellen. Die hübsche und toughe Anjelica (Margot Robbie) stellt sich bei ihm vor und will als Eisverkäuferin im Freibad arbeiten. Was sie Neelo verheimlicht: Sie ist vor ihrem gewalttätigen Ehemann, dem Sheriff des Nachbarorts Cliff Buchanan, geflohen, nachdem sie ihn dabei beobachtet hat, wie er heimlich Geschäfte mit dem Outlaw Butch „Mad Dog“ DeLorean macht.

Die Monate gehen ins Land und es wird Winter. Neelo will das Freibad für die Saison schließen, da kreuzen plötzlich Sheriff Buchanan und „Mad Dog“ DeLorean bei ihm auf – sie haben spitzgekriegt, wo Anjelica sich versteckt hält. Neelo muss sein Talent als Revolverheld erneut mobilisieren – aber wird es ihm gelingen oder ist er aus der Übung gekommen? Und was hat Anjelica vor, als sie den Sheriff und den Outlaw auf eine Tasse Tee in den Eisladen einlädt? Was ist in dem Teebeutel drin, den sie für die Zubereitung verwendet? Und was ist nun eigentlich der Sinn des Lebens?

Dass das alles als Stummfilm so hervorragend funktioniert und Eddie Murphy, der als Dampfplauderer berühmt und beliebt wurde, sich auch ohne gesprochene Worte überzeugend ausdrücken kann, hätte ich nicht gedacht. Und auch der tiefgründig-philosophische Überbau, mit dem die Wachowskis gern mal ihre Filme zermurksen (Stichwort: Jupiter Ascending), hält sich hier angenehm dezent im Hintergrund.

Fazit: Sehenswertes und gelungenes Experiment! Lohnt sich! 4,5/5 Sternen.

11. Ein Western in Marokko

„Moroccan Nights“ von Ava DuVernay ist ein ungewöhnlicher Western – nicht zuletzt deswegen, weil er gar nicht im Westen spielt, sondern in Rabat in Marokko. Außerdem sehen wir hier keinen Cowboy oder männlichen Outlaw in der Hauptrolle, sondern Kopfgeldjägerin Leyla, gespielt von einer wunderbaren Sonequa Martin-Green, die dem geneigten Seriengucker als Sasha aus „The Walking Dead“ bekannt sein dürfte. Auf ihrer Liste steht ganz oben die Investmentbankerin Winifried van Mondrian, die aus den Niederlanden nach Marokko ausgewandert ist – vorgeblich wegen des schönen Wetters, in Wahrheit, weil die niederländischen Behörden ihren dubiosen Geschäftspraktiken auf die Schliche zu kommen drohten. Für Leyla ist es dieses Mal mehr als nur ein Job. Denn Winifried denkt nicht daran, in Rabat plötzlich ehrbar zu werden und seriöse Geschäfte zu machen. Eines ihrer Opfer ist Leylas Schwester Ophelia (Danai Gurira, noch ein bekanntes „Walking Dead“-Gesicht), die ein Startup für nachhaltiges Geschirr und Besteck gründen wollte und von Winifried über den Tisch gezogen wurde. Nun ist Ophelia pleite und Leyla richtig sauer.

So sauer, dass es ihr nicht reicht, Winifried einfach der Justiz auszuliefern oder sie schlichtweg umzulegen. Nein, die Bankerin soll richtig leiden und ihre Handlanger ebenfalls. Leyla startet einen groß angelegten Rachefeldzug – und der wird dreckig, gemein und blutig. Vor allem die Sache mit der Kuchengabel aus Ophelias Sortiment ist … nichts für schwache Nerven.
Ava DuVernay erzählt ihren Western geradlinig, erbarmungslos und grimmig – wie eine griechische Tragödie. Das ist keine leichte Kost, aber spannend und fesselnd bis zum Schluss, einem fulminanten Finale.

Fazit: „Moroccan Nights“ ist ein düsterer, kompromissloser und ungewöhnlicher Film, der einen so schnell nicht loslässt. Zartbesaitete sollten sich allerdings zweimal überlegen, ob sie sich den Film zutrauen.

12. Martin Scorsese inszeniert ein Horrormusical

Mit „13 Nightmares on Halloween“ hat Regisseur Martin Scorsese sein vertrautes Terrain der Gangsterfilme verlassen und auf seine alten Tage mal etwas völlig Neues gewagt: ein Horrormusical. Klingt schräg? Ist es auch – dabei aber sehr unterhaltsam.

Zur Story: Scorsese hat für sein Horrormusical drei der fiesesten, abscheulichsten Horrorfilmkiller in den Mittelpunkt der Handlung gesetzt. Freddy Krueger aus der „Nightmare on Elmstreet“-Reihe, Jason Voorhees aus der „Freitag, der 13.“-Reihe und Michael Myers aus der „Halloween“-Reihe. Die drei Killer hat er vollkommen gegen den Strich besetzt: Samuel L. Jackson spielt Freddy Krueger, Jackie Chan spielt Jason und Michael Myers wird – kein Witz – von Otto Waalkes verkörpert. Wie genau der Ostfriese es geschafft hat, Martin Scorsese auf sich aufmerksam zu machen, und dann auch noch eine Hauptrolle in seinem neuesten Film zu ergattern? Keine Ahnung. Aber er hat es geschafft – und das Ergebnis ist völlig bekloppt, aber lustig.
Jedenfalls beschließen die drei Killer sich zusammen zu tun, um sich endlich an den Menschen zu rächen, die ihnen so viel Böses angetan haben – sie gemobbt, weggesperrt, unzählige Male versucht, sie umzubringen – und nutzen dabei ihre jeweiligen Fähigkeiten. Freddy Krueger beschert 13 Teenagern an Halloween Alpträume und holt dafür seine Killerkollegen mit in die Traumwelten. So können diese verdammten Blagen ihn nämlich nicht so leicht austricksen. Weil das Ganze aber nicht nur ein Horrorsplatter ist, sondern auch ein Musical, singen die Killer und ihre Opfer zwischendurch fetzige Songs – und die sind tatsächlich ziemlich cool. Ich erwäge die Anschaffung des Soundtracks. Diese düstere Mischung aus Heavy Metal, Jazz und Blues ist zwar eigenartig, aber irgendwie gut. Mir gefällt’s.
Allerdings muss ich kritisch anmerken, dass durch die seltsame Besetzung die fiesen Killer an Fürchterlichkeit einbüßen. Samuel L. Jackson gibt sich die allergrößte Mühe, angsteinflößend zu wirken – er flucht die ganze Zeit, ist sehr, sehr wütend und brüllt ständig „M*therf*cker“, wenn ihnen wieder einer der renitenten Teenager durch die Lappen gegangen ist -, aber Otto Waalkes und Jackie Chan sind einfach viel zu sehr Vollblutkomiker, als dass sie wirklich gruselig wirken könnten. Dafür ist dieses Horrormusical aber sehr unterhaltsam, macht einen Heidenspaß und ist außerdem auch eine wunderbare Hommage an die alten Splatterklassiker geworden.
Ob es den Killern dieses Mal gelingt, den Teenagern den Garaus zu machen, oder ob sie wieder einmal (beinahe?) getötet werden, sei an dieser Stelle nicht verraten. Ich will euch nicht die Überraschung verderben.
Fazit: Ein sehr untypischer Film für Martin Scorsese, aber eine äußerst unterhaltsame Abwechslung nach seinem eher mittelmäßigen und überraschungsfreien „The Irishman“. Wenn man keine Albernheiten scheut, absolut sehenswert. 3,5/5 Sternen.

13. Crowdfunding-Chaos mit Dwayne Johnson

„Master of Memory“ ist ein ungewöhnliches Film-Experiment, das durch Crowdfunding zustande kam – alle, die eine Million Dollar beigetragen haben, durften für fünf Filmminuten die Regie übernehmen. Das hätte funktionieren können, wenn es ein gutes Drehbuch gegeben hätte. Aber leider durften alle, die 100.000 Dollar in den Crowdfunding-Topf geworfen haben, eine Szene schreiben und somit hat die ganze Geschichte eigentlich überhaupt keinen roten Faden und man weiß gar nicht, worum es geht … falls es überhaupt um etwas geht. Das Genre? Schwer zu sagen. Es ist wohl am ehesten ein Actionfilm – es wird viel geballert, geprügelt und ständig bricht irgendwer aus heiterem Himmel einen Streit vom Zaun. Aber einige der Crowdfunding-Regisseure scheinen dem Gemeinschaftswerk eine humoristische Note gegeben haben zu wollen – also ist es möglicherweise eine Komödie. Sagen wir einfach: Actionkomödie.

Zum Glück spielt Sympathieträger Dwayne „The Rock“ Johnson die Hauptrolle – den Weltmeister im „Memory“-Spielen Hank ‚The Brain‘ Denning. So wie ich die Story verstanden habe, will Hank zu einem „Memory“-Turnier nach Kapstadt fahren, um seinen Weltmeister-Titel zu verteidigen. Er kommt zwar in Kapstadt an, aber dann hat wohl jemand anders die Drehbuchvorlage oder Regie übernommen und aus den Augen verloren, was Hank dort eigentlich vorhatte. Stattdessen betritt der Gedächtnismeister aus unerfindlichen Gründen einen dubiosen Esoterikgedöns-Laden und bekommt von der Verkäuferin einen defekten Spiegel geschenkt. Ein Blick in diesen Spiegel – und Hank verliert sein Gedächtnis. Schöner Mist. Danach wird es psychedelisch – ich nehme an, hier fand wieder ein Regie- oder Drehbuchwechsel statt. Der gedächtnislose „Memory“-Weltmeister irrt durch die Straßen Kapstadts, hat irgendwelche seltsamen Visionen und trifft auf merkwürdige Leute, die ihm kryptisches Zeug erzählen – und der Wettbewerb spielt keine Rolle mehr. Zwischendurch taucht eine junge Frau auf, die wohl verfolgt wird oder etwas in der Art, und die sich an Hanks Fersen heftet, weil sie hofft, dass er sie beschützen kann. Bevor sich hieraus eine Liebesgeschichte entwickeln kann, wechselt aber offenkundig wieder der Drehbuchautor und die junge Frau stellt sich als Hanks verschollene Tochter heraus, die als Auftragskillerin ihr Soziologiestudium finanziert hat und ihrer Vergangenheit nun zu entfliehen versucht. Am Ende – das ist nicht wirklich ein Spoiler, weil der Film überhaupt keinen Sinn ergibt – stehen Hank und seine Tochter auf dem Tafelberg und betrachten den Sonnenuntergang.

Fazit: Zu viele Köche verderben den Brei – das hat „Master of Memory“ eindeutig bewiesen. Schade eigentlich – die Idee ist schon spannend. Aber vielleicht sollte man nächstes Mal auf ein einheitliches Drehbuch Wert legen und vielleicht sollten die Crowdfunder nicht selbst Regie führen, sondern sich einen Regisseur aussuchen dürfen. Dann wird vielleicht was Gutes draus. So war es aber ziemlicher Trash (allerdings ein wunderbarer SchleFaZ-Kandidat).

14. Düsterer Science-Fiction-Film von Ridley Scott

„Alpha und Omega“ von Ridley Scott ist ein spannender Science-Fiction-Film mit einer erschreckend zeitgemäßen Story. Die Menschheit hat es selbstredend verbockt, rechtzeitig genug für den Klimaschutz zu tun, der Planet Erde ist im Eimer und die verbliebene Menschheit fliegt im Raumschiff „Omega“ durch die Galaxie auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten. Mittlerweile sind sie im Sternsystem Alpha Centauri angekommen – die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass es dieses Mal klappen könnte, eine neue Heimat zu finden.

An Bord der „Omega“ haben sowohl die Präsidentin Lydia Heartgrove (Uma Thurman) als auch Kapitänin Athena Thunderbolt (Angelina Jolie) das Sagen – was zu Konflikten führt, denn die beiden Frauen sind grundverschieden und selten einig. Sie wollen aber beide das Beste für die Menschen auf dem Schiff. Zusätzliches Konfliktpotenzial bringt der Wissenschaftler Tom Cooper (Ethan Hawke) in die angespannte Situation – er war zunächst mit Athena liiert, hat sich dann aber in Lydia verliebt. Autsch. Obendrein hat er mit Lydia auch noch eine Tochter bekommen, was Athena verwehrt geblieben war. Die zwölfjährige Fiona Cooper (Helena Zengel) ist ein neunmalkluges Früchtchen und steckt dauernd ihre Nase in Angelegenheiten, die sie nichts angehen. Und dann passiert es: Fiona wuselt im Labor ihres Vaters herum, nervt die anderen Wissenschaftler mit Fragen – und einem der Forscher fällt ein Reagenzglas herunter. Daraufhin breitet sich eine merkwürdige Krankheit auf der „Omega“ aus, die zu einem Verlust der kognitiven Fähigkeiten bei den Menschen führt. Für Lydia, Athena und Tom beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, während immer mehr Menschen um sie herum verblöden.

Fiona aber scheint nicht nur immun zu sein, das Virus hat bei ihr den gegenteiligen Effekt. Sie wird immer schlauer. Um ihren Fehler wieder gut zu machen, erfindet sie eine Wurmlocherzeugungsmaschine, um in der Zeit zurückreisen zu können. Es funktioniert! Sie schafft es, den Ausbruch der Krankheit wieder rückgängig zu machen. Aber leider hat sie die Rechnung ohne den Butterfly Effect und ohne die natürliche Blödheit der Menschen gemacht …

Fazit: Düstere und zynische Zukunftsvision, die spannend in Szene gesetzt und hervorragend besetzt ist. Wie zwischen Angelina Jolie und Uma Thurman die Funken fliegen, macht einfach Spaß und die kleine Helena Zengel braucht sich hinter den erwachsenen Stars nicht zu verstecken.

15. Deutsches Musical mit Hollywood-Stars

„Dreimännertango“ von Anika Decker ist ein wunderbar bekloppter Musicalfilm, der einfach Spaß macht. Die Regisseurin hat sich dieses Mal Verstärkung aus Hollywood geholt und konnte neben Sylvester Stallone und Nicolas Cage noch Steve Buscemi besetzen – eine schräge Mischung, denkt ihr? Wartet’s ab, hier kommt die Story: Der Regisseur Bill Schneider befindet sich mitten in der Midlifecrisis und fragt sich, ob seine aus deutschen Beziehungskomödien nach Schema F und schlechten Actionrollen bestehende Filmografie wirklich schon alles gewesen sein soll, was er an kreativem Oeuvre seiner Nachwelt hinterlassen will. Er beschließt, zum Theater zu gehen und ein Musical zu inszenieren, und zwar an der Elbphilharmonie – das ist echte Kultur, damit nehmen diese Schreiberlinge von Kritikern ihn endlich ernst. Nicht, dass ihn die Meinung dieser Schmierfinken kratzen würde, aber … Na egal.

Die Handlung für sein Musical erscheint ihm im Schlaf – möglicherweise war die zweite Flasche Wodka nicht mehr ganz frisch, jedenfalls: Er träumt von Marilyn Manson (Steve Buscemi), der ihm den Plot für das Musical „Dreimännertango“ vorsingt – jawohl, jetzt wird es Meta. Die Kultfigur aus dem Kasperletheater, Räuber Hotzenplotz (Sylvester Stallone) will ehrbar werden und Ballett tanzen. Daher nimmt er Tanzstunden bei der Ballettlegende Rudolf Nurejew (Nicolas Cage). Marilyn Manson führt als Erzähler durch die Geschichte.
In einem ergreifenden Klagelied bereut Räuber Hotzenplotz sein Banditenleben, singt davon, dass er die Kaffeemühle der Großmutter doch eigentlich gar nicht gebrauchen konnte, weil er lieber Tee trinkt, aber es kam einfach so über ihn. Rudolf Nurejew lässt sich davon erweichen und nimmt Hotzenplotz unter seine Fittiche. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich fast etwas wie eine Freundschaft … doch Räuber Hotzenplotz kann nicht so recht aus seiner Haut. Nurejew bringt zu den Unterrichtsstunden immer eine metallene Brotbüchse mit, in der er sein Gurkensandwich mit Hüttenkäse für die Mittagspause mitbringt. Sie ist eigentlich nichts besonderes, eine ganz normale Brotbüchse … und Räuber Hotzenplotz ernährt sich schon seit Jahren glutenfrei. Aber er spürt wieder dieses Kribbeln in den Fingerspitzen …
Marilyn Manson mischt sich ein und versucht mit einem schmissigen Rocksong, Räuber Hotzenplotz auf dem Pfad der Tugend zu halten. Mitten in diesen Widerstreit platzt dann Nurejew und sieht, wie Hotzenplotz die Brotbüchse in den Händen hält und Marilyn Manson versucht, sie ihm wegzunehmen. Unangenehm …
Um die Angelegenheit zu klären, gibt es nur eine Möglichkeit: ein Dance Battle! Da Nurejew im Ballett aber unschlagbar ist, einigen sich er, Räuber Hotzenplotz und Marilyn Manson auf Tango als Disziplin. Bonuspunkte gibt es, wenn dabei ein Lied darüber gesungen wird, was man tief in seinem Herzen empfindet. Der Sieger bekommt die Brotbüchse …
Wer das Dance Battle gewinnt, ob Bill Schneider seine Krise überwindet und von den Kritikern endlich anerkannt wird, verrate ich an dieser Stelle nicht.
Fazit: Allzu sehr nach Logik fragen sollte man in diesem Film besser nicht – sonst verdirbt man sich selbst den Spaß. Sylvester Stallone als Räuber Hotzenplotz ist von rührender Tapsigkeit, was man dem alten Action-Haudegen gar nicht zugetraut hätte. Nicolas Cage, spezialisiert auf Trash, verleiht seinem Nurejew eine kauzige Würde. Und Steve Buscemi als Marilyn Manson muss man einfach gesehen haben. Das Ganze dann noch in Hamburgs Elbphilharmonie … was will man mehr?


Das war es erst einmal. Ich hoffe, meine ausgedachten Filmplots haben euch gefallen. Ihr wollt mehr davon? Dann schreibt mir eure Stichworte in die Kommentare.

2 Kommentare

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

98. Stück: Die besten und schlechtesten Filme der 2010er Jahre

In Anbetracht dessen, dass wir seit ein paar Tagen ein neues Jahrzehnt beschritten haben, halte ich es für angebracht, einen Kinorückblick auf das vergangene Jahrzehnt zu werfen.

Die Auswahl ist rein subjektiv und manchmal sind mehrere Filme aus einem Jahr dabei und aus einem anderen Jahr dafür keiner – manchmal sind die Kinojahre ja recht mittelmäßig, manchmal herausragend schlecht und manchmal herausragend gut.

Ich habe erst 2015 angefangen, meine Kinojahresrückblicke auf meinem Blog zu veröffentlichen. Für die Filme aus der zweiten Hälfte der 2010er Jahre habe ich daher die Kritik nur angerissen und dann den jeweiligen Kinojahresrückblick verlinkt. Für die Filme aus der ersten Hälfte der 2010er Jahre habe ich eine kleine Begründung formuliert, weswegen sie es auf meine Liste geschafft haben.

Die besten Filme von 2010 bis 2019

10. „Die Beste aller Welten“

„Die Beste aller Welten“ von Adrian Goiginger ist eine wunderbar leicht erzählte, tief berührende Mutter-Sohn-Geschichte. Gesehen habe ich den Film auf der Berlinale im Jahr 2017, zusammen mit einer Freundin, und wir waren richtig glücklich, dass wir nicht nur überhaupt noch Karten für eine Vorstellung ergattert hatten, sondern auch und vor allem, weil wir dabei so ein tolles Filmjuwel erwischt haben.

Der Film war auch der Favorit meines Kinojahresrückblicks von 2017 – dort könnt ihr auch die vollständige Kritik lesen.

9. „10 Cloverfield Lane“

„10 Cloverfield Lane“ von Dan Trachtenberg ist ein großartiges Kammerspiel und spannend von der ersten bis zur letzten Sekunde. Es ist allerdings möglicherweise für die Zuschauererwartung etwas ungeschickt, den Titel so nah an den Found-Footage-Film „Cloverfield“ anzulehnen. Viele erwarten daraufhin eine Fortsetzung, ein Spin-off oder ein Prequel – tatsächlich aber haben beide Filme kaum etwas miteinander zu tun. Ich fand’s gut, weil ich nicht so ein ‚creature feature‘-Katastrophenfilm-Fan bin, aber psychologisch feinsinnige Charakterzeichnung, tolle Schauspieler und intelligentes Storytelling liebe.

„10 Cloverfield Lane“ war der Favorit meines Kinojahresrückblicks von 2016 – dort gibt’s die vollständige Kritik zu lesen.

8. „Snowpiercer“

„Snowpiercer“ von Bong Joon-ho aus dem Jahr 2013 hat mich aus mehreren Gründen fasziniert und gefesselt. Da wäre einerseits das klaustrophobische Setting in einem Zug, der ohne anzuhalten durch eine vereiste Landschaft fährt. Dann ist die Prämisse des Films einfach, aber genial: In den hinteren Waggons sitzen die Armen, in den vorderen Waggons die Reichen – und dann gibt es eine Revolution, als einige der hinteren Waggon-Bewohner versuchen, sich nach vorne durchzukämpfen. Das klingt simpel, entfacht aber eine atemberaubende Spannung.

7. „The Artist“

„The Artist“ von Michel Hazanavicius aus dem Jahr 2011 ist ein moderner Stummfilm, der mich mit seiner Ästhetik, seiner liebenswerten Story und dem stimmigen Gesamteindruck überzeugt hat. Ein Film, der eine Hommage an den Stummfilm darstellt, und trotzdem als originelles, eigenständiges Werk hervorsticht.

6. „Joker“

„Joker“ von Todd Phillips ist ein erschütterndes Porträt einer tragischen Existenz, der nach und nach alles entgleitet. Die ganze Kritik gibt es in meinem Kinojahresrückblick von 2019.

5. „Rocketman“

„Rocketman“ von Dexter Fletcher hat mich einfach umgehauen. Der Film ist von 2019 und die vollständige Kritik könnt ihr in meinem neuesten Kinojahresrückblick lesen.

4. „Shutter Island“

„Shutter Island“ von Martin Scorsese aus dem Jahr 2010 dürfte wohl auf so mancher Bestenliste des vergangenen Jahrzehnts einen Platz gefunden haben. Dieser Psychothriller ist spannend, hintergründig, wendungsreich und wahnsinnig gut gespielt. Kurz: ein Meisterwerk.

3. „Whiplash“

Whiplash“ von Damien Chazelle ist ein pulsierender Musikfilm, ein fesselndes Drama und richtig großes Kino. Hier stimmt einfach alles: Der Rhythmus des Schlagzeugs geht so ins Blut, durch Mark und Bein, dass einen die Musik auch ohne große Jazzkenntnisse mitreißt. Die beiden Hauptfiguren, der junge, talentierte Schlagzeuger Andrew und sein Lehrer Terrence Fletcher, sind so facettenreich gestaltet, dass sie einem trotz ihrer unsympathischen Wesenszüge ans Herz wachsen, man mit ihnen fühlt und um sie bangt. Wie die zwei ihr psychologisches Duell ausfechten, ist von nervenzerfetzender Spannung.

„Whiplash“ war mein Zweitlieblingsfilm aus dem Kinojahr 2015.

2. „Inception“

Wie? Was? „Inception“ von Christopher Nolan aus dem Jahr 2010 nur auf dem zweiten Platz? Ja, tatsächlich – das liegt daran, dass der Film, so genial er auch ist, ein wenig an Schlagkraft verliert, je öfter man ihn sieht. Ich habe ihn im Studium für ein Referat gründlich hin und her analysiert und der Film hat mich schließlich auch auf mein Thema „Mentale Metadiegesen im zeitgenössischen Film“ meiner Masterarbeit gebracht. Aber anders als zum Beispiel „Fight Club“ wird „Inception“ leider beim wiederholten Gucken etwas schwächer. Trotzdem ist er nach wie vor ein herausragend guter Film!

1. „Ex Machina“

Bei „Ex Machina“ von Alex Garland merkt man, dass da ein Drehbuch- und Romanautor am Werk war. Die Geschichte erzählt sich fast von selbst, so hervorragend sind die Figuren in diesem klaustrophobischen Kammerspiel konzipiert (Hurra, eine Alliteration). Der Schauplatz, ein teils unterirdischer Bunker mitten im dichten Wald eines Tals im Gebirge, kann nur mit Hubschrauber erreicht werden. Die vier Figuren, die in dem Haus mehr oder weniger eingesperrt und von der Außenwelt isoliert sind, werden aufeinander losgelassen und was dann passiert ist von unheimlicher Eindringlichkeit.

„Ex Machina“ steht noch vor „Whiplash“ auf meiner Liste der besten Filme von 2015.

Die schlechtesten Filme von 2010 bis 2019

10. „Source Code“

„Source Code“ von Duncan Jones aus dem Jahr 2011 hat eigentlich eine spannende Story, die Mindgame-Elemente, Zeitreisen und Zeitschleifen enthält, und ist top besetzt. Trotzdem war der Film eine Riesenenttäuschung und driftet zu sehr ins Sentimentale ab. Man hätte so viel aus diesem Film machen können und hat das Potenzial nicht genutzt. Grund genug, auf dem zehnten Platz meiner Flops-des-Jahrzehnts-Liste zu landen.

9. „Johnny English 3“

„Johnny English – Man lebt nur dreimal“ von David Kerr ist eine lahmarschige, trutschige Agentenparodie mit einem gealterten Mr. Bean, bei der ich diverse Male eingenickt bin. Dieses unsägliche Machwerk hat es dann auch auf meine Flop-Liste 2018 auf den ersten Platz geschafft – dort könnt ihr auch die vollständige Kritik lesen.

8. „Der Dunkle Turm“

„Der Dunkle Turm“ von Nikolaj Arcel hat mich sehr enttäuscht. Eigentlich dachte ich, meine Erwartungen nicht sonderlich hochgeschraubt zu haben, da die Kritiken mau waren und es hieß, es wäre ein Best-of-Potpourri aus allen 8 Bänden der Fantasy-Buchreihe von Stephen King, keine werkgetreue Umsetzung.

Inzwischen habe ich alle acht Bände gelesen und finde den Film rückblickend sogar noch schlechter als 2017, wo er es nur auf Platz 6 der schlimmsten Flops geschafft hat.

7. „Eclipse – Biss zum Abendrot“

„Eclipse – Biss zum Abendrot“ von David Slade aus dem Jahr 2010 ist wie seine beiden Vorgänger einfach sehr schlecht gemacht. Und während die vollkommen idiotische Geschichte um Bella, Vampir Edward und Werwolf Jake in den Büchern noch so spannend geschrieben war, dass man mit den Figuren mitgefiebert hat, obwohl Bella eine dumme Pute ist, die die Errungenschaften weiblicher Emanzipation zugunsten teenagerüblichen Hormongeschwurbels mit Füßen tritt und Edward ein strunzlangweiliger Schnösel ohne Sinn für Humor ist, ist der Film wirklich doof. Hinzu kommt das erbärmlich schlechte Make-up und das nicht eben virtuose Spiel der Akteure.

6. „Ben Hur“

„Ben Hur“ von Timur Bekmambetov ist tatsächlich ziemlich schlecht. Nicht ganz so schlimm wie der Film, der es auf Platz 1 meiner Flops des Jahrzehnts geschafft hat – es gibt immerhin ein paar spannende Szenen und das Wagenrennen ist zugegebenermaßen sehr gelungen -, aber dennoch nicht gut gemacht. Warum ich das so sehe? Das lest ihr in meiner Flop-2016-Liste.

5. „Transcendence“

„Transcendence“ von Wally Pfister aus dem Jahr 2014 hat es insbesondere Hauptdarsteller Johnny Depp zu verdanken, auf Platz 5 dieser Liste gelandet zu sein. Dieser einst so geniale, außergewöhnliche Schauspieler agiert mit einer Lustlosigkeit und Langeweile, dass es den ganzen Film herunterzieht. Die Grundidee ist dabei spannend – das Bewusstsein eines Menschen wird vor seinem Tod in einen Computer hochgeladen -, aber was daraus gemacht wurde, ist einfach nur Murks.

4. „Glass“

„Glass“ von M. Night Shyamalan war langweilig und sogar noch schlimmer als der Vorgänger „Split“. Ich bin zwischendurch immer wieder eingeschlafen, ohne irgendwelche wesentlichen Informationen verpasst zu haben. Was ich sonst noch von dem Film halte, könnt ihr auf meiner Flop-2019-Liste nachlesen, wo er sich den zweiten Platz verdient hat.

3. „Benjamin Blümchen“

„Benjamin Blümchen“ von Tim Trachte ist so lieblos und handwerklich schlecht dahingerotzt, dass vom Charme des Hörspiels, dem ich als Kind so gern gelauscht habe, nichts übrig geblieben ist. Daher führt er auch völlig zu Recht meine Flop-2019-Liste an und hat es hier auf Platz 3 geschafft.

2. „Alien: Covenant“

„Alien: Covenant“ von Ridley Scott fand ich nicht nur total doof, er war auch schlecht gemacht. Deswegen hat er es auch an die Spitze meiner Flop-2017-Liste geschafft, wo ihr die vollständige Kritik lesen könnt.

1. „Jupiter Ascending“

„Jupiter Ascending“ von den Wachowski-Geschwistern ist ein ganz heißer Kandidat für die Goldene Himbeere – und zwar in sämtlichen Kategorien. Normalerweise würde ich ja diplomatisch sagen, dass ich ihn schlecht fand. Dieses Mal würde ich mich aber glatt dazu hinreißen lassen zu urteilen: Der ist einfach schlecht.

Und dieser Meinung bin ich immer noch. „Jupiter Ascending“ ist aus dem Jahr 2015 und seit ich meine Kinojahresrückblicke schreibe, ist mir noch kein schlechterer Film untergekommen.


Und? Was waren eure Lieblingsfilme aus dem vergangenen Jahrzehnt? Welche Filme fandet ihr richtig doof? Was haltet ihr von meiner Auswahl? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt 🙂

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik

97. Stück: Kinojahresrückblick 2019 – die niederschmetterndsten Enttäuschungen

Auch 2019 gab es wieder Filme, die so grottenschlecht waren, dass sie sich einen Platz auf meiner Flop-Liste verdient haben. Die da wären:

10. „Hellboy – Call of Darkness“

„Hellboy – Call of Darkness“ von Neil Marshall haben mein Kumpel und ich nach etwa der Hälfte des Films verlassen, weil er einfach langweilig war. Der sprang unmotiviert von einem Ort zum nächsten, irgendwelche Leute tauchten auf und wurden dahingemetzelt, es ging irgendwie um Hexen, Vampire, Wahrsager, Leute, die mit Toten reden können, Nazis, Leuten, die nicht altern, das ultimative Böse und Dämonen. Die Dialoge waren überwiegend flach, nur wenige Gags waren immerhin so amüsant, dass sie mir ein kurzes „Höhö“ entlockten, ansonsten waren da auch einige Fehlzünder dabei.

Das Ganze hatte keinen wirklichen roten Faden, wirkte zerfahren, inkonsequent, unentschlossen und man hatte den Eindruck, die wissen alle selber gar nicht, was sie eigentlich für eine Geschichte erzählen wollen. Die Figuren waren obendrein so flach und oberflächlich konzipiert, dass man überhaupt nicht mit ihnen mitfühlen konnte. Das war alles total egal, was passiert ist.

Natürlich muss man meine Kritik mit Vorbehalt lesen, da ich nicht beurteilen kann, ob der Film in der zweiten Hälfte womöglich doch noch aus dem Quark gekommen ist, die angerissenen Handlungsfetzen irgendwann doch noch zu einer Einheit zusammengeflossen sind und einem die Figuren vielleicht doch noch ans Herz wachsen. Aber ich denke, wenn das in der ersten Stunde schon nicht passiert ist, wäre das schon sehr unwahrscheinlich, wenn da noch was kommt.

Fazit: Völlig belangloser Film. Noch nicht einmal so schlecht, dass man sich darüber aufregen und einen saftigen Verriss schreiben könnte. Und auch nicht auf eine Weise schlecht, dass man es als unfreiwillige Komik werten und trotz mieser Qualität seinen Spaß haben könnte. Sondern einfach nur egal. Kann man sich sparen.

9. „Ad Astra – Zu den Sternen“

„Ad Astra“ von James Gray habe ich größtenteils verschlafen, weil er sich im quälend langsamen Erzähltempo dahinschleppt, zäh und mühsam und anstrengend. Brad Pitt spielt toll und in den Momenten, in denen ich kurz aus meinem Schlummer aufgetaucht bin, konnte ich erkennen, dass der Film visuell stark geworden ist. Möglicherweise gibt’s auch irgendeine Botschaft dahinter, die ich aber buchstäblich verpennt habe.

Aber im Wesentlichen zieht der Film einen einfach nur fürchterlich herunter. Die Hauptfigur ist so emotional verkorkst und abgestumpft, lebensmüde und weiß gar nicht, was sie will, laboriert da an ihrem Vaterkomplex herum und mäandert ohne konkreten Plan fatalistisch ihrem Schicksal entgegen … Puh. Als Psychogramm eines depressiven Astronauten ist das ja sehr treffend, aber wenn die Filmhandlung quasi nur daraus besteht, ist es schwierig, Spannung aufzubauen.

Fazit: Och nö, den muss man nicht gucken. Dann lieber „Interstellar“ noch mal anschauen und dort das Ende ignorieren.

8. „Willkommen in Marwen“

„Willkommen in Marwen“ von Robert Zemeckis ist leider ziemlich lahm geraten. Die Animationen der Puppenszenen sind zwar einwandfrei und das Ganze ist auch gut gespielt – vor allem von Steve Carell als Mark Hogancamp -, aber irgendwie kommt der Film einfach nicht aus dem Quark.

Mir scheint, es wurde sich zu sehr darauf verlassen, dass es sich hierbei um eine wahre Geschichte handelt und dass die von alleine schon dramatisch genug ist – ohne, dass man da noch dramaturgisch etwas tun müsste. Dem ist aber leider nicht so. Ob eine Geschichte nun einen wahren Hintergrund hat oder komplett frei erfunden ist: die Erzählmechanismen, um Spannung aufzubauen, eine Handlungskurve zu kreieren und Empathie für die Figuren zu wecken, sind dieselben. Und die haben hier gefehlt.

Das Ergebnis: Der Film ist sehr zäh und langatmig erzählt, die Hauptfigur berührt trotz ihres schweren Schicksals nicht, die Frauen bleiben oberflächlich charakterisiert und beinahe wirken die Puppen lebendiger und facettenreicher als die lebenden Vorbilder in der realen Welt. Die einzigen Momente, wo man mal ein wenig mit den Figuren mitfühlt, sind die, wo Mark Hogancamp versucht, seiner Nachbarin näher zu kommen und man ihr ansieht, dass sie ihn nicht verletzen will und ihn gern hat, aber nun mal eben kein romatisches Interesse an ihm hegt und sich Vorwürfe macht, zu nett zu ihm gewesen zu sein und ihm falsche Hoffnungen gemacht zu haben.

Ansonsten wird hier sehr viel Potenzial verschenkt. Jegliche Ansätze, die die Geschichte spannend machen könnten, wie das Auftauchen von Nicols Ex-Freund, laufen einfach ins Leere. Möglichkeiten, Gesellschaftskritik zu üben und die Folgen männlichen Sexismus (aka toxischer Männlichkeit) aufzuzeigen, werden ignoriert. Und dann fand ich auch, dass der ganze Film so einen positiven Sexismus gegenüber Frauen ausströmte, den ich persönlich als ziemlich penetrant empfand. Da war nicht immer ganz einfach zu trennen, ob das die Hauptfigur betrifft, oder ob das die Aussage des Films ist, wie sanftmütig, mitfühlend und zart und liebreizend wir Frauen doch alle sind. Das fand ich leicht gönnerhaft. Aber ich bin da auch ziemlich schnell genervt von sowas …

Im Prinzip passiert in dem Film nicht viel. Die Fantasiewelt mit den Puppen ist schon recht dramatisch, manchmal aber auch etwas dick aufgetragen. Und die Verbindung zwischen Hogancamps Ängsten und der Fantasiewelt wurde auch deutlich – das war schon gut gemacht. Aber der Film an sich, in seiner Gesamtheit, war langweilig. Und das hätte nicht sein müssen.

Fazit: Muss man nicht sehen. Schade.

7. „Es – Kapitel 2“

„Es 2“ von Andy Muschietti war nicht sehr gut. Was mich an Teil 1 bereits gestört hatte – die nicht wirklich gruseligen Schockmomente, die unglaubwürdigen Special-Effects, die viel zu plumpen, grotesken Horrorfiguren, die völlig unsubtil ins Bild poltern – haben mich in Teil 2 genauso genervt. Man sieht einfach zu viel. Nach dem ersten kurzen Aufzucken aufgrund des Jumpscares weiß man Bescheid und dann ist es einfach nicht mehr gruselig.

Das Unheimliche, das im Buch die gesamte Atmosphäre durchzieht und umwabert, das im ersten Teil wenigstens ansatzweise zu spüren war, fehlt hier leider. Es gibt nur wenige starke Momente, die erahnen lassen, was aus dem Film hätte werden können, wären die Schockmomente subtiler ausgefallen und hätte man der Atmosphäre und den Figuren mehr Raum gelassen.

Die Schauspieler sind allerdings toll – leider ist die Charakterzeichnung der Figuren teils etwas dünn geraten, sodass nicht alle gleichermaßen glänzen können. Jessica Chastain und James McAvoy haben normalerweise sehr viel mehr drauf. Auch den erwachsenen Ben-Darsteller fand ich etwas blass. Die erwachsenen Eddie und Richie waren aber richtig klasse.

Fazit: Vielleicht kann das Buch einfach nicht adäquat filmisch umgesetzt werden (wobei ich noch Tim Curry als Pennywise in Erinnerung habe, als ich als Kind mal aus Versehen ein Stück aus der alten Verfilmung gesehen hatte – das finde ich heute noch gruselig und ich trau mich bis heute nicht, die alten Filme noch mal zu sehen). Jedenfalls war ich sowohl vom ersten als auch vom zweiten Teil ziemlich enttäuscht.

6. „After Passion“

„After Passion“ von Jenny Gage ist wirklich nicht gut gemacht und ganz objektiv betrachtet ein schlechter Film. Subjektiv betrachtet hatte ich trotzdem meinen Spaß. Ohne irgendetwas über den Film oder die Buchvorlagen zu wissen, bin ich vollkommen ohne Plan, aber dank Kino-Abokarte kostenlos, in diese Teenie-Schmonzette hineingestolpert. Ein Freund von mir hatte den Film vorgeschlagen und ich dachte: Warum nicht?

Ergebnis: Wir beide haben den Altersdurchschnitt im Kinosaal mindestens verdoppelt und mein Kumpel war im Prinzip der Hahn im Korb. Und wir beide waren vermutlich ziemlich nervige Mitzuschauer, weil wir uns die ganze Zeit gegenseitig Lästereien über den Quatsch, der da auf der Leinwand zu sehen war, zugeflüstert und uns beömmelt haben. Normalerweise sind wir diejenigen, die sich über solche rücksichtslosen Zeitgenossen echauffieren und schimpfen, wie man nur so schlecht erzogen sein kann – jetzt waren wir selber mal die Schnatterköppe im Saal. Interessante Erfahrung.

Aber zurück zum Film und warum der so schlecht war: Die Erwartung, die am Anfang geweckt wird, wird nicht erfüllt. Sowas ist aus Storytelling-Sicht natürlich schon mal richtig Murks. Man kann doch dem Zuschauer nicht versprechen, dass Tessa voll die krasse Wandlung durchmacht und von der braven Streberin zur verruchten Femme fatale mutiert, wenn das nachher gar nicht passiert. Nö. Wir sehen hier eine etwas artige, ehrgeizige und intelligente, ansonsten aber ganz normale junge Studienanfängerin, die durch die Begegnung mit Hardin lernt, aus sich heraus zu kommen, ihre sinnliche Seite entdeckt, und an Selbstvertrauen und Entschlossenheit gewinnt. Sie bleibt sie selbst, sie öffnet sich halt nur mehr. Das ist schön für sie, aber wo ist denn da das Drama?

Und was ist Hardin bitteschön für ein misslungener Bad Boy? Gut, der führt sich am Anfang auf wie ein Vollidiot, ist arrogant und dauerbeleidigt, aber man merkt doch ziemlich schnell, dass das nur Gepose ist. Ich fand’s zum Beispiel ziemlich unrealistisch, dass diese angebliche Leseratte nur schnieke Hardcover im Regal hatte. Also, ich als echte Leseratte und Tochter einer echten Leseratte würde niiiiiemals den wertvollen Platz in meinem Bücherregal mit fancy Hardcovern zustellen. Außerdem: Die Dinger sind scheiße schwer, die kann ich doch gar nicht in meiner Handtasche mit mir herumtragen, da hole ich mir doch ’nen Bandscheibenvorfall. Nee, ich hab meine Bücherregale (genau: plural) hauptsächlich mit Taschenbüchern vollgestellt, einige sind in Ermangelung von genügend Platz in zweiter Reihe geparkt, überall in der Wohnung liegen weitere Taschenbücher herum verstreut – und man sieht, dass sie gelesen wurden. Von daher wirkte Hardins Bücherwurmerei auf mich reichlich aufgesetzt und angeberisch, nicht echt. Na gut, aber Tessa sah das anscheinend anders.

Seine Tattoos sahen aus wie Abziehbildchen und nur weil man eine schicke Lederjacke und schwarze T-Shirts trägt, ist man noch lange kein böser Junge. Ich hab auch eine schwarze Lederjacke und schwarze T-Shirts und bin die Friedfertigkeit in Person. Und zwischendurch hatte der dann so einen putzigen Dackelblick drauf, dass ich ihm am liebsten einen Keks und einen Kakao angeboten hätte.

Wobei ich aber auch positiv anmerken möchte, dass die Anziehung zwischen Tessa und Hardin in den – jugendfrei und züchtig gehaltenen – Fummelszenen durchaus rüberkam. Und jaaa, hätte sich ein gut aussehender Typ vor 20 Jahren mit mir in der Bücherei einschließen lassen, um mir was vorzulesen, das hätte ich schon ziiiemlich heiß gefunden. Hach.

Aber immerhin macht Hardin im Gegensatz zu Tessa tatsächlich eine Wandlung durch. Ist er am Anfang noch der verkrachte, depressive, verschlossene, egozentrische Dummdödel, wird er durch Tessa zu einem ehrlichen, feinfühligen jungen Mann, der nicht nur um das eigene Herzeleid kreist, sondern sich auch für andere Menschen interessiert. Und so geben sie sich auch beide etwas: Hardin wird durch Tessa empathischer, Tessa merkt, dass sie in Ordnung ist, wie sie ist, und zu sich zu stehen.

Insofern finde ich auch die Liebesgeschichte zwischen Tessa und Hardin gar nicht mal so ärgerlich, sondern eigentlich ganz süß. Also kein rückständiges „Hauptsache, ich kann bis in alle Ewigkeit jung und schön und mit meinem Schnuckelhasi zusammen sein, scheiß auf Ausbildung, eigene Pläne und Gedöns“-Beziehungsbild à la Twilight. Und auch kein nerviges „Ich opfere mich für dich auf“ „Oh nein, ICH opfere mich für DICH auf“ Theater wie in Divergent.

Allerdings geht man ja eigentlich nicht ins Kino, um eine eigentlich ganz possierliche Teenie-Liebesgeschichte zu sehen, mit der man – wären das die eigenen Kinder – absolut einverstanden wäre. Sondern man will ja Spannung, Drama, Schmerz, Versöhnung und alles sehen, worauf man im echten Leben ganz prächtig verzichten kann, aber das eine Geschichte eben aufregend macht.

Was gibt es sonst noch zu meckern? Ach ja, die Dialoge. Grauenhaft. Die Schauspieler? Na ja. Ziemlich hölzern. Die Nebenfiguren? Schnarch. Die mise en scène? Lieblos. Kostüme, Make-up? Klischeehaft. Spannungskurve? LOL.

Fazit: Harmloser, süßer Teeniefilm, den man sich aus Jux angucken kann, auch wenn er echt schlimm ist.

5. „Terminator 6: Dark Fate“

„Terminator 6 – Dark Fate“ von Tim Miller schließt an die Ereignisse des zweiten Teils an – und das mit einem sehr starken Anfang. Leider lässt der Film nach diesen tollen ersten zehn Minuten immer weiter nach. Man hat überhaupt keine Zeit, die Protagonistinnen richtig kennenzulernen, da sind sie schon auf der Flucht. Und dann laufen sie vor dem bösen Terminator quasi den ganzen restlichen Film davon und man fragt sich, was ist eigentlich der Punkt, worauf wollen sie hinaus, was ist die Pointe? Dann erfährt man ca. 30 Minuten vor Schluss kurz die Pointe, denkt sich: Aha, und dann gibt’s noch einen ewig langen, ermüdenden Showdown und dann ist der Film vorbei. Also alles in allem ein recht belangloses Machwerk.

Die Idee, ein weibliches Dreiergespann in den Fokus der Handlung zu setzen, ist ja ganz nett. Aber vor allem nett gemeint – und das finde ich persönlich immer sehr gönnerhaft. Oho, seht her, wir sind ja so modern, unsere Helden haben keinen Penis, dafür aber Brüste. Potzblitz, was sind wir innovativ! Fakt ist aber: Holzschnittartig und oberflächlich charakterisierte Figuren vom Reißbrett sind langweilig – unabhängig vom Geschlecht. Wie es auch anders geht, hat im Übrigen „Captain Marvel“ ganz wunderbar gezeigt.

Fazit: Kann man sich sparen.

4. „X-Men: Dark Phoenix“

„X-Men: Dark Phoenix“ von Simon Kinberg ist eine logisch fragwürdige Aneinanderreihung von Belanglosigkeiten und trotz überschaubarer Länge von 114 Minuten stinklangweilig geraten. Die Dialoge sind hölzern, redundant und flach. Die Figurenkonzeption ist weder schlüssig noch vielschichtig, ihre Motive nicht nachvollziehbar, die Konflikte zwischen den Figuren uninteressant. Die an sich hervorragenden Schauspieler können dabei überhaupt nicht vernünftig arbeiten und zeigen, was sie drauf haben, weil sie im Wesentlichen stylish herumposen und Platitüden absondern müssen.

Der Plot ergibt nicht wirklich einen Sinn. Irgendwie hätte ich jetzt bei einem Film, der „Dark Phoenix“ heißt, erwartet, dass es im Wesentlichen um Jean Grey und ihren Umgang mit ihren neu erworbenen Superkräften geht. Man erfährt zwar, wie sie zu diesen Superkräften gekommen ist und wie sie selbige überhaupt nicht unter Kontrolle hat und wie sie sich einsam und verbittert zurückzieht und Rachegefühle hegt. Aber parallel gibt es noch eine überhaupt nicht logische Handlung, – Achtung, Spoiler! – in der irgendwelche gestaltwandlerischen Außerirdische sich Jeans Kräfte bemächtigen wollen, weil die Kraft, von der sie genannte Kräfte erhalten hat, einst ihren Planeten zerstörte. Und deswegen wollen sie die Kräfte selber haben, um alles Leben auf der Erde zu vernichten und sich selbst dort einzunisten – ungeachtet dessen, dass die Kräfte ja vielleicht auch die Erde zerstören und unbewohnbar machen könnten. Also wie gesagt: total unlogisch.

Ebenfalls unlogisch: Warum ballern die Wachmänner und Polizisten auf Gestalten, die offenbar Kugeln abwehren können, einfach immer weiter drauf los? Das ist doch dumm!

Nun haben sich die Macher aber ganz pfiffig gedacht: Wer braucht schon eine Story und Figuren, mit denen man mitfiebert, wenn man das schwache Drehbuch einfach mit gaaanz viel CGI-Effekten umsetzen kann? Ja, und so ist das Ergebnis dann auch geworden.

Fazit: Ganz ehrlich? Diesen Film kann man sich sowas von sparen!

3. „Rambo 5: Last Blood“

„Rambo 5: Last Blood“ von Adrian Grunberg ist eigentlich nur in den letzten 20 Minuten ganz unterhaltsam – bis dahin zieht sich der Film wie Kaugummi und reiht ein Klischee ans nächste. Es ist ja schon ein bisschen witzig, dass die Bösen so richtig böse sind, die Schlampen so richtig schlampig, die Guten so richtig gut und rechtschaffen … aber das Ding ist, dass das im Film alles bierernst gemeint ist und nicht als ironische Überspitzung, um die Klischees zu entlarven. So werden sie eher bestätigt.

Obwohl im Film ganz furchtbare Dinge passieren, lässt es einen kalt, weil es so übertrieben ist – für unfreiwillige Komik ist es aber schon wieder zu schrecklich. Das Ergebnis ist, dass keine Spannung entsteht – wie auch, wenn das Schicksal der Figuren einen nicht berührt – und der Film trotz angenehmer Länge von rund 100 Minuten echt schwerfällig und mühsam wirkt. Ich bin zwischendurch auch immer mal wieder weggedöst und hätte wohl ein sehr geruhsames Nickerchen die ersten 80 Minuten lang machen können, ohne etwas zu verpassen – wären da nicht meine Mitzuschauer im Kino gewesen.

Von meinen Freunden und meiner Wenigkeit abgesehen war der ganze Kinosaal nämlich vollbesetzt mit impertinenten Troglodyten, die sich während des Films laut unterhielten, irgendwelche dümmlichen Kommentare rausblökten oder in einer Lautstärke atmeten, wie man sie höchstens von altersschwachen, überzüchteten Englischen Bulldoggen kennt. Ich brauchte wirklich meine gesamte Konzentration, um meine Impulskontrolle zu mobilisieren, damit ich nicht selbst zum Rambo wurde. Echt mal. Wo kommen diese ganzen schlecht erzogenen Arschlöcher ohne Sozialkompetenz und ohne einen Funken Feingefühl eigentlich immer alle her? Und warum können sie nicht zu Hause Filme gucken, wenn sie eh die ganze Zeit quatschen, dazwischenquaken oder laut vor sich hinschnauben wollen?

So, jetzt geht’s wieder … das musste mal raus.

Fazit: Für Fans der Rambo-Reihe würde ich empfehlen, zu warten, bis der Film auf Blu-Ray / DVD rauskommt – dann kann man die ersten 80 Minuten muckelig vorspulen und muss sich nicht über Asis im Publikum aufregen. Im Kino gucken? Muss nicht sein.

2. „Glass“

„Glass“ von M. Night Shyamalan war langweilig und sogar noch schlimmer als der Vorgänger „Split“. Ich bin zwischendurch immer wieder eingeschlafen, ohne irgendwelche wesentlichen Informationen verpasst zu haben. An sich ist die Grundidee ja nicht schlecht, Protagonist und Antagonist aus „Unbreakable“ auf die multiplen Persönlichkeiten des Kevin Wendell Crumb aus „Split“ treffen zu lassen. Das hätte spannend werden können. War es aber nicht.

Was ist schiefgelaufen? Nach einem annehmbaren Start, bei dem wir den unkaputtbaren David Dunn als „einsamen Rächer“ kennen lernen (das erinnert ein wenig an Bruce Willis‘ Rolle im ebenfalls sehr schlechten „Death Wish“) und sehen, dass Crumb genau dort weitermacht, wo er in „Split“ aufgehört hatte, kommt der Film einfach nicht aus dem Quark. Am Anfang war ich noch ein wenig neugierig, wo das hinführt, aber dann kommen die beiden in die Klapse und ab da geht es dann völlig bergab. Mr. Glass ist auch da und immer noch sehr schlau und sehr fies.

Und dann taucht Dr. Ellie Staple auf, die von einer hoffnungslos unterforderten Sarah Paulson verkörpert wird. Ich sage nicht „gespielt“, weil sie eigentlich nichts weiter tut, als küchentischpsychologischen Mumpitz zu verzapfen oder in hohen Absätzen durchs Bild zu stöckeln. Man fragt sich die ganze Zeit, was eigentlich ihre Motivation ist, warum sie auf so offensichtlich suggestive Art und Weise ihren „Patienten“ einzutrichtern versucht, dass sie sich ihre Kräfte bloß einbilden. Das wird zwar am Ende halbwegs begründet, aber es wirkt ziemlich konstruiert und wie eine Deus-ex-machina-schaut-mal-her-ein-Kaninchen-im-Hut-Lösung. Das ist halt ihre Aufgabe und die ist eben wichtig.

Außerdem kommt es zu einem ähnlichen Problem wie in „Split“, dass James McAvoy zwar ganz klasse spielt, aber seine Figur kommt vor lauter Hin-und-her-springen zwischen den verschiedenen Persönlichkeiten gar nicht dazu, zu handeln oder irgendetwas Bestimmtes zu wollen. Da hilft auch sein „Gegenstück“ Casey nichts, die er in „Split“ verschont hatte. Bruce Willis agiert hingegen völlig lustlos und wirkt irgendwie altersmüde, was sich nur zum Teil mit seiner Rolle erklären lässt. Sein Sohn ist ein hübscher Kerl, bleibt aber irgendwie auch blass und eindimensional.

Samuel L. Jackson spielt sein heimtückisches Superhirn Mr. Glass zwar prima, aber was er genau warum will, wird nicht wirklich klar. Vielleicht irgendwie Aufmerksamkeit und dass die Superhelden unter den Menschen ihre Kräfte entdecken und sich nicht mehr verstecken oder so. Also doch ein Wohltäter? Hm.

Dann schwurbelt sich der Film am Ende noch irgendwas mit den Geheimnissen des Universums und Gleichgewicht der Kräfte und Gedöns zurecht, bis er dann – nach endlos erscheinenden und völlig unnötigen 129 Minuten – endlich aus ist. Puh. Also, wer den Film erträgt, ohne zwischendurch wegzuratzen, verdient meine absolute Hochachtung.

Fazit: Bloß nicht! Schaut euch lieber noch mal „The Sixth Sense“ an.

1. „Benjamin Blümchen“

„Benjamin Blümchen“ von Tim Trachte ist so lieblos und handwerklich schlecht dahingerotzt, dass vom Charme des Hörspiels, dem ich als Kind so gern gelauscht habe, nichts übrig geblieben ist. Grottige Dialoge, die vor Offensichtlichkeiten, Belanglosigkeiten und Plattitüden nur so strotzen, werden von den gnadenlos unterforderten Schauspielern ohne einen Funken Herzblut heruntergeleiert. Die Story ist geradezu beschämend unterkomplex und dann auch noch von Anfang an komplett überraschungsfrei und vorhersehbar. Da helfen auch die flachen Gags, die vollkommen humorlos abgenudelt werden, nicht.

Man hat den Eindruck, die Leute, die dieses Machwerk hier verbockt haben, waren selbst nie Kinder. Ansonsten könnten sie doch wohl erahnen, dass Kinder merken, wenn etwas nicht authentisch ist. Und die Schauspieler wirkten alle überhaupt nicht glaubwürdig. Besonders schlimm fand ich den Kinderdarsteller, der Otto gespielt hat. Bekommen die jungen Schauspieler gar kein Sprechtraining und kein Schauspielcoaching? Das kann doch echt nicht angehen! Der ist bestimmt privat ein tolles, nettes Kind, aber spielen kann der überhaupt nicht, dann muss man ihm doch wenigstens beibringen, wie man einen Satz ohne zu Nuscheln geradeheraus spricht, das ist nämlich etwas, das man lernen kann.

Aber auch seine erwachsenen Kollegen, von denen man erwarten kann, dass sie ihr Handwerk schon beherrschen, liefern wirklich eine klägliche Performance ab. Gut: Die Dialoge sind fürchterlich, die Regie hat offenbar total versagt, das Drehbuch ist eine Schande … da stößt wohl der beste Schauspieler an seine Grenzen. Aber trotzdem: Heike Makatsch war ja noch einigermaßen OK mit ihrer knallchargierten Zora Zack und Friedrich von Thun als Zoodirektor Tierlieb war auch in Ordnung. Und Benjamin Blümchens Synchronisation fand ich auch nicht schlecht. Aber sonst? Das können die doch besser!

Was war da bloß los? So überhaupt keine Hingabe, oberflächlich, unglaubwürdig, unauthentisch, ohne Herz, ohne Seele … als hätten sie das alles nur mal eben kurz so dazwischengeschoben, des Geldes wegen, und nach mir die Sintflut. Und das in einem Film, der die Profitorientierung des Turbokapitalismus eigentlich zu kritisieren versucht, der behauptet, dass Freundschaft, Liebe und Herzblut das Wichtigste sind. Es wäre ironisch, wenn es nicht so traurig wäre. Ganz ehrlich, dann soll man’s eben lassen, wenn man keine Lust hat, einen niedlichen, charmanten, netten, süßen Film über so eine grundgute und liebenswerte Figur wie Benjamin Blümchen zu machen. Dann soll man halt Werbespots drehen, wenn man nur Merchandising oder anderen Scheiß verticken möchte.

Und dann auch noch diese völlig auf Krampf in die Handlung gequetschten Modernisierungsversuche. Das tut doch bei Benjamin Blümchen überhaupt nicht Not, dass da oberpeinliche Jugendjargon-Floskeln (die die Jugend heutzutage wahrscheinlich eh nicht benutzt) in die Dialoge gepresst werden, oder irgendein High-Tech-Gedöns. Eine spannende Geschichte, gewitzte Dialoge und der Charme des Originals hätten vollkommen ausgereicht.

Fazit: Ich bin enttäuscht, das war echt ganz große Grütze.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Film und Fernsehen, Kritik