2023 war ein sehr gutes Kinojahr – ich habe zwar noch nicht wieder mein Filmpensum von vor Corona erreicht, aber trotzdem habe ich letztes Jahr sehr viele herausragende und viele gute Filme gesehen und nur wenige echte Flops. Insofern ist mein Kinojahresrückblick dieses Mal wieder etwas anders. Ich werde euch die 10 besten und die 5 schlechtesten Filme von 2023 vorstellen. Bei den „schlechtesten“ Filmen musste ich auch solche mit aufnehmen, die gar nicht so misslungen waren, aber mich aus verschiedenen Gründen enttäuscht haben.
Und? Welche Filme haben euch im letzten Jahr am besten und am wenigsten gefallen? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt! 🙂
Top 10: Die besten Filme von 2023
10. „The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum
„The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum ist ein außergewöhnlicher, einfallsreicher und origineller Film, der vor allem Cineasten und Menschen, die selbst beim Film/Schauspiel-Bereich arbeiten oder mal gearbeitet haben, begeistern dürfte. Die Welt, in der der Film spielt, gliedert sich streng hierarchisch in Hauptfiguren, Nebenfiguren und Outtakes (das sind Fehlbesetzungen, Filmfehler, Jump-Cuts usw.) – wobei die Outtakes am Rande der Gesellschaft ihr Dasein fristen, geächtet werden, jederzeit verhaftet werden können und als Sündenböcke für alles dienen, was in der Gesellschaft schiefläuft.
Wir folgen der Tochter einer Nebenfigur und einer großen, verstorbenen Hauptfigur, Paula, auf ihrem Weg, ihre Prüfung an der Hauptfigurenschule zu bestehen und ihren verstorbenen Vater zu finden. Dabei kommt sie einem lange gehüteten Familiengeheimnis auf die Spur und lernen die Welt der Filmfiguren kennen. Das ist spannend und unterhaltsam, gespickt mit Filmzitaten und Genreverweisen jeder Art – also für Filmfans ein großes Vergnügen.
Nun folgt aber auch Kritik auf hohem Niveau. Leider wirkt der Erzählfluss manchmal nicht ganz geschmeidig und das Spiel der Schauspieler immer mal wieder oberflächlich, hölzern und etwas unbeholfen. Da hatte ich zwischendurch den Eindruck, die Figuren und die Handlung wurden in die Idee, das Konzept hineingepresst, und das hat nicht immer ganz gepasst. Dann gibt es einen deutschen Filmschauspielstil, der mit Nuscheln und Murmeln einhergeht, um Emotionalität vorzugaukeln, aber dann versteht man die Leute nicht. Das hat man in deutschen Dramen leider ganz oft oder auch in deutschen Krimis. Das soll wohl authentisch wirken, aber damit etwas authentisch wirkt, muss man besonders hart an seiner Sprache und seiner Spieltechnik arbeiten. Das ist ja überall so, dass es umso mehr Arbeit im Hintergrund ist, je weniger man von dieser Arbeit nach außen hin sehen soll. Tänzer trainieren besonders hart, damit ihr Tanz mühelos wirkt, zum Beispiel.
Ich fand den diversen Cast toll, denke aber, daraus hätte man noch mehr machen können. Hannah und Simon hätten zum Beispiel noch mehr ein eigenes Profil und einen eigenen Charakter haben können, anstatt nur Paula auf ihrem Weg zu helfen. Die Fehlbesetzung, das Hausmädchen Hilde, war ein Mann in Frauenkleidern, der dann eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt. Das hätte Potenzial gehabt, dieses Männer-in-Frauenkleidern-als-Witz-Motiv kritischer zu beleuchten.
Fazit: Insgesamt aber ein toller Film, der hoffentlich ein breites Publikum finden wird. Ich bin sehr gespannt, was die Regisseurin uns Filmfans in Zukunft noch bieten wird. Also: nicht verpassen!
9. „Asteroid City“ von Wes Anderson
„Asteroid City“ von Wes Anderson überträgt das Absurde Theater auf die Leinwand und hinterlässt das Publikum mit einem riesengroßen Fragezeichen zurück – macht aber trotzdem Spaß. Wie auch in Stücken von Ionesco (z. B. „Die kahle Sängerin“) oder Beckett (z. B. „Warten auf Godot“) gibt es keine wirklich nacherzählbare Handlung, aber durch den absurden Humor, die stoische Haltung der Figuren und die lakonischen Dialoge entstehen trotzdem Unterhaltung und Witz.
Wir sind nach dem Film noch mit zwei anderen Zuschauern ins Gespräch gekommen, die uns gefragt hatten, ob wir den Film verstanden hätten. Unsere Antwort war: Lol, nein. Ach, ein Glück, dann lag es nicht an uns, war ihre Antwort und wir waren uns einig, dass man trotz der Absurdität die ganze Zeit am Ball blieb und dem Geschehen auf der Leinwand interessiert zugeschaut hat.
Passend zur Tradition des Absurden Theaters bildet die Entstehung und Aufführung des Theaterstücks „Asteroid City“ die Rahmenhandlung. Im Kontrast zu den bunten Bildern im 16:9-Format der Binnenhandlung ist die Rahmenhandlung in Schwarzweiß und 4:3-Format gehalten. Zwischendurch sieht man die Schauspieler, die ihre eigene Rolle in der Binnenhandlung kommentieren. Einer der Schauspieler sagt kurz vor Schluss: „Ich verstehe das Stück immer noch nicht“ – und gibt damit wider, wie man sich als Zuschauer nach dem Abspann fühlt.
Fazit: Skurril, schräg und absurd, mit lakonischem, trockenem Humor – wie man es von anderen Wes-Anderson-Filmen kennt. Dabei macht der Film aber sehr viel Spaß. Lohnt sich!
8. „Oppenheimer“ von Christopher Nolan
„Oppenheimer“ von Christopher Nolan ist ein starkes Drama, das seinen Sog erst mit der Zeit entwickelt. Am Anfang läuft der Film etwas schwergängig an, es dauert, bis alle Handlungsstränge und Puzzlestücke zusammenkommen und die Geschichte Form annimmt. Man braucht also Geduld und sollte nicht allzu müde sein, sonst kann es passieren, dass man in der ersten Stunde immer wieder wegnickt (so wie meine Wenigkeit), obwohl der Film nicht langweilig oder schlecht ist. Er lässt sich bloß am Anfang Zeit, um die Geschichte zu erzählen – und die geht nur oberflächlich um Oppenheimer und die Atombombe.
Es geht auch um die Paranoia und den Antikommunismus in der Mc-Carthy-Ära. Um Misstrauen und moralische Fragen. Darum, was ein Genie ausmacht.Die menschliche Hybris. Forschergeist und Freundschaft – und das Zerbrechen von Freundschaften. Die innere Zerrissenheit Oppenheimers wird durch ein intensives Sounddesign und einen bedrohlich brodelnden Soundtrack fühlbar gemacht. Doch wirklich sympathisch ist hier niemand in diesem Film. Die Schauspieler sind dabei durch die Bank weg grandios und überzeugend.
Fazit: Gelungener Historienfilm – unbedingt sehenswert!
7. „The Whale“ von Darren Aronofsky
„The Whale“ von Darren Aronofsky ist ein Film, der an die Nieren geht und einen auch nach dem Kinobesuch nicht so schnell wieder loslässt. Der auf einem Theaterstück beruhende Film spielt die ganze Zeit über in der verwahrlosten dunklen Wohnung der Hauptfigur Charlie, der nach dem Tod seines Partners den Lebenswillen und die Kontrolle verloren hat. Durch sein extrem hohes Körpergewicht ist er nahezu unbeweglich, jede Bewegung kostet ihn wahnsinnig viel Kraft – und: Er stirbt. Sein Herz und seine Lunge machen nicht mehr lange mit, wie seine gute Freundin Liz (eine Krankenschwester) ihm zu Beginn klarzumachen versucht. Seine letzten Tage will er nutzen, um sich mit seiner Tochter auszusöhnen, die er (zusammen mit ihrer Mutter) verlassen hat, als sie acht Jahre alt war. Doch das erweist sich als schwierig, denn die Tochter ist ein wütender, verbitterter, hasserfüllter Teenager – oder wirkt zumindest so. Charlie sieht das anders.
Ich bin noch nicht sicher, was die Geschichte von „The Whale“ mit Herman Melvilles „Moby Dick“ zu tun hat – aber es gibt eine Verbindung. Vielleicht, weil in diesem Film die Figuren alle auf der Suche nach Wahrhaftigkeit sind, so wie in dem Roman alle auf der Suche nach dem weißen Wal. Darauf muss ich noch ein wenig herumdenken.
Die Schauspieler sind alle großartig, nicht nur Brendan Fraser, der sich den Oscar redlich verdient hat. Man leidet mit allen Figuren mit und teilweise ist es am Rande des Erträglichen, hinzuschauen. Aber der Film lässt einen nicht kalt, klingt außerhalb des Kinosaals noch nach und – um ihn zu zitieren – bringt einen dazu, über sein eigenes Leben nachzudenken.
Fazit: Kein einfacher Film, aber ein sehr guter Film. Sehenswert, lohnt sich!
6. „Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem“ von Jeff Rowe und Kyler Spears
„Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem“ von Jeff Rowe und Kyler Spears hat mich positiv überrascht. Erwartet hatte ich Trash mit hohem Cringe-Faktor und einen potenziellen Kandidaten für meine Flop-2023-Kinofilmliste am Jahresende – aber stattdessen war der Film unterhaltsam, spannend, gut erzählt, mit lauter skurrilen Figuren, die ans Herz wachsen, und war hervorragend animiert mit einer außergewöhnlichen Ästhetik.
Leonardo, Donatello, Michelangelo und Raphael sind vier ganz normale Teenager – nur dass sie mutierte Riesenschildkröten sind. Ihr Ziehvater Splinter, eine mutierte Riesenratte, erzieht sie liebevoll, aber streng. Er will sie vor der Außenwelt und den Menschen schützen, unterschätzt dabei aber die Sehnsucht seiner Kinder nach Normalität, Freundschaften mit Gleichaltrigen etc. Es kommt, wie es kommen muss: Die vier büxen aus, freunden sich mit einem Menschenmädchen an und wollen gemeinsam einen fiesen Superschurken aufhalten, um als Helden gefeiert und von den Menschen gemocht zu werden. Das ist bloß nicht so einfach, wie sie sich das vorstellen …
Fazit: Spannender und unterhaltsamer Animationsfilm mit ästhetisch einzigartigen Bildern, die sowohl Kennern der Teenage Mutant Ninja Turtles als auch denen, die mit den Geschichten nicht vertraut sind, Spaß macht.
5. „She Said“ von Maria Schrader
„She Said“ von Maria Schrader ist ein fesselnder Journalismus-Thriller über die Reporterinnen von der New York Times, die den Harvey-Weinstein-Skandal recherchiert und die #MeToo-Bewegung ins Rollen gebracht haben. Ohne Schnörkel, ohne Schnickschnack erzählt der Film die Geschichte – geradlinig, sachlich und spannend. Wie Stück für Stück das Ausmaß des Machtmissbrauchs und sexuellen Missbrauchs junger Frauen in der Filmbranche aufgedeckt wird, ist gerade durch die sachliche Art der Erzählung besonders erschreckend.
Fazit: Unbedingt sehenswert!
4. „Cocaine Bear“ von Elizabeth Banks
„Cocaine Bear“ von Elizabeth Banks ist kompromissloser Trash mit einer riesigen Portion tiefschwarzen Humors. Die Prämisse, dass ein Bär Koks gefunden hat und völlig high Amok läuft, wird knallhart und konsequent bis zum Ende durchgezogen. Das könnte man als schlicht kritisieren – aber wenn man sieht, wie viele Filme mit einfacheren Ausgangssituationen sich heillos in Belanglosigkeiten und Nebenschauplätzen verzetteln (looking at you: „Tatort“), ist es meiner Meinung nach schon wieder große Kunst, eine (zugegebenermaßen absurde) Ausgangslage bis zuletzt auszureizen, ohne zimperlich zu sein oder sich um die Grenzen des guten Geschmacks zu scheren.
Die Schauspieler scheinen einen Heidenspaß an ihren Rollen und der durchgeknallten Handlung zu haben, spielen ihre Figuren aber trotzdem ernsthaft – was den komischen Effekt umso mehr verstärkt. Dabei sind die Rollen ebenso überzeichnet wie die Handlung. Dann das Ganze noch im trashigen 80er-Jahre-Look, ordentlich Gesplatter und einem tollen Soundtrack – großartig!
Fazit: Der Film macht unglaublich viel Spaß! Unbedingt sehenswert.
3. „Barbie“ von Greta Gerwig
„Barbie“ von Greta Gerwig ist ein quietschpinker Spaß mit ernsten Untertönen – die jedoch mit so viel Charme, Humor und Leichtigkeit in die Handlung eingewoben sind, dass der Film nie nervig-moralinsauer wird. Wobei: Das scheinen „Konservative“ in den USA ja anders zu sehen, die sich – nachdem die Tobsuchts- und Trotzanfälle infolgedessen, dass die kleine Meerjungfrau in der Realverfilmung nicht die von ihnen bevorzugte Hautfarbe aufwies, wieder abgeebbt sind – gar fürchterlich darüber echauffieren, dass es im Film „Barbie“ vor allem um Barbie geht. Genauer: darum, wofür Barbie steht, nämlich eine selbstbestimmte Frau, der alle Möglichkeiten offen stehen und die selbst für sich entscheidet, was sie aus ihrem Leben machen will. Das ist jedoch nicht alles. Denn Barbie kommen Selbstzweifel, sie gerät in eine Sinnkrise und muss sich auf den Weg in die echte Welt machen, um den Ursachen für ihre düsteren Todesgedanken und plötzlich anatomisch korrekten Füße auf den Grund zu gehen. Im Schlepptau: Ken, der ihr treu ergeben überall hinterher dackelt.
Nun ist in der echten Welt aber nichts so, wie Barbie es sich vorgestellt hat. Die Frauen können nicht selbstbestimmt zwischen allen möglichen Optionen frei wählen. Sie zerreiben sich zwischen Arbeit, Familie und ihren eigenen Zielen, das Sagen haben die Männer, sie haben die Macht und bestimmen alles. Was wiederum Ken gefällt, war es doch in Barbie-Land umgekehrt. Und so bringt Ken das Patriarchat nach Barbie-Land und die Kens reißen die Macht an sich. Dabei ruinieren sie alles, machen alles kaputt und müssen die Barbies zu hohlen Dummchen gehirnwaschen, damit diese sie anhimmeln und sich von ihnen mies und respektlos behandeln zu lassen. Doch es regt sich Widerstand …
Fazit: Am Ende ist Barbie ein urkomisches, liebenswertes, buntes und wunderbares Plädoyer für die Gleichberechtigung, Chancengleichheit, gegenseitigen Respekt und gegenseitige Unterstützung. Da muss man wohl schon ein ziemliches A****loch sein, um deswegen trotzige Wutanfälle zu bekommen. Nicht verpassen!
2. „Babylon – Rausch der Ekstase“ von Damien Chazelle
„Babylon – Rausch der Ekstase“ von Damien Chazelle ist ein atemberaubender Galopp durch die Filmgeschichte, der im hohen Tempo von den Anfängen Hollywoods und des Startums, dem Bruch durch die Tonfilmära und den Schicksalen der beteiligten Schauspieler und Filmmenschen erzählt. Begleitet wird dieser Höllentrip durch einen rasenden Soundtrack, der die rauschende Atmosphäre noch intensiver macht. Wenn das Tempo zwischendurch bewusst einbricht, entfalten diese Pausen einen urkomischen Witz. Das Timing ist einfach brillant und als Zuschauer sitzt man – reizüberflutet, aber begeistert – da und fragt sich, wo bin ich denn hier hineingeraten?
Der Trailer ließ einen Roaring Twenties Film à la „Der Große Gatsby“ vermuten, vielleicht noch im Mix mit „Once Upon A Time in Hollywood“ – aber „Babylon“ unterscheidet sich dann doch noch von diesen beiden Filmen durch seine Gnadenlosigkeit. Glanz, Glamour, Glitter? Ja, schon. Aber auch Körperflüssigkeiten jeder Couleur, Ängste, Scheitern, Versagen und Tod. Da bleibt zwischendurch das Lachen im Hals stecken – dann bricht es wieder aus vollem Hals hervor.
Das Drehbuch, die Dialoge und die Figuren sind einfach großartig geschrieben, die Inszenierung und mise en scène fantastisch und die Schauspieler durch die Bank weg grandios. Das ist ein Film, der fürs Kino gemacht und gleichzeitig eine Hommage und Liebeserklärung ans Kino ist; auch wenn es zwischendurch nach Hassliebe aussieht.
Fazit: Lohnt sich unbedingt! Vielleicht nicht unbedingt etwas für schwache Nerven, aber für Filmfans definitiv.
1. „The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh
„The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh ist ein echtes Filmjuwel. Die Ausgangssituation ist das Ende einer Freundschaft. Colm möchte plötzlich nichts mehr mit Pádraic zu tun haben und verlangt, dass dieser ihn in Ruhe lasse. Pádraic versteht die Welt nicht mehr, möchte wissen, was er falsch gemacht habe, doch da sei nichts, so Colm. Er findet seinen ehemaligen Freund einfach nicht mehr interessant und möchte sich lieber wichtigeren Dingen widmen, genauer: seiner Musik – denn die werde auch nach seinem Tod noch bleiben.
McDonagh nimmt seine Figuren bei dieser Geschichte stets ernst und schildert voller Empathie, wie die Situation immer weiter eskaliert. Dadurch bleibt die Handlung immer schlüssig, auch wenn sie immer absurder wird. Und man schließt alle Figuren ins Herz, seien es die beiden Männer, den Polizistensohn Dominic oder Pádraics kluge Schwester Siobhan. Obwohl das Weltbewegende nicht auf der Insel selbst, sondern auf dem Festland passiert – im April 2023 wütet in Irland noch der Bürgerkrieg – bleibt es spannend. Denn die Welt, in der Pádraic und Colm zu Hause sind, gerät durch die scheinbar willkürliche Entscheidung des älteren Mannes plötzlich aus den Fugen. Am Ende ist nichts mehr, wie es mal war. Ihre Welt ist zerstört, und das ohne einen wirklichen Grund.
Das klingt so, als sei das fürs Publikum frustrierend. Schließlich will man ja schon wissen, warum die Figuren tun, was sie tun. Aber durch die mitfühlende Art, wie die Geschichte erzählt wird, und das hervorragende Schauspiel insbesondere Colin Farrells und Brendan Gleesons kann man nachempfinden, wie es den Menschen auf der Insel geht. Auch wenn man sich fragt, ob es wirklich so hätte eskalieren müssen, ob es nicht auch eine Versöhnung hätte geben können – aber dann hätten wir eben keine Geschichte und einen wunderbaren, einzigartigen Film weniger. Die pointierten Dialoge sind voll mit trockenem Witz, bleiben dabei aber immer innerhalb der Handlung – also, hier geht’s nicht darum, einfach absurde Sätze abzusondern. So sprechen die Figuren in der Geschichte eben miteinander.
Fazit: Originelle Geschichte, liebenswerte Figuren, tolle Schauspieler und große Erzählkunst. Unbedingt sehenswert!
Flop 5: Die schlechtesten Filme von 2023
5. „Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese
„Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese hat mich etwas zwiegespalten zurück gelassen. Einerseits beleuchtet der Film ein Kapitel der US-amerikanischen Geschichte, das mir bislang unbekannt war, und die Story ist vielschichtig und spannend. Andererseits fällt es schwer mit den männlichen Hauptfiguren mitzufiebern, weil das alles so fürchterliche Menschen sind, die von den niederträchtigsten Motiven angetrieben werden. Dieses Ausmaß an Arschigkeit ist für mich nicht nachvollziehbar. Und leider ist von vornherein klar, dass wir es bei den von Robert De Niro und Leonardo Di Caprio gespielten Figuren mit charakterlich komplett verkorksten Persönlichkeiten zu tun haben. Warum sich Molly in Ernest verliebt und so lange bei ihm bleibt und ihm vertraut, ist mir während der gesamten rund 3,5 Stunden schleierhaft geblieben.
Apropos, rund 3,5 Stunden: Das hätte meiner Meinung nach nicht Not getan, der Film ist zu lang. Die Handlung hätte man auch straffer und noch mehr aus der Perspektive der Osage erzählen und schneller zu den Ermittlungen durch das neu gegründete FBI kommen können, dann wäre der Film richtig fesselnd geworden. So ist er zuweilen etwas zäh und langatmig geraten.
Was allerdings sehr gut dargestellt wird, ist die toxische Beziehung von Ernest zu seinem Onkel, seine Abhängigkeit von ihm, die ihn zum leichten Opfer von Will Hales Manipulationen, kriminellen Machenschaften und Intrigen macht. Das spielen Di Caprio und De Niro wirklich großartig. Allerdings eben auch so großartig, dass es schwerfällt Sympathie für einen der beiden zu empfinden.
Fazit: Schlecht ist der Film nicht, aber sehr lang und streckenweise langatmig. Aus der Story hätte man einen spannenden Krimi machen können, daher ist es schade, dass der Fokus vor allem auf die zerstörerische Beziehung zwischen Onkel und Neffe gelegt wurde, nicht auf die perfide Ausbeutung der Osage und die Mordserie. Da wurde leider Potenzial verschenkt.
4. „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ von James Mangold
„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ von James Mangold ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich herausragend. Die Geschichte ist ohne wesentliche Überraschungen geradlinig erzählt und die Handlung nicht besonders originell. Es ist im Grunde ein typischer Indiana-Jones-Film mit Nazis, die eins auf die Zwölf bekommen, irgendeinem antiken, magischen Dingsbums, hinter dem alle her sind, und Verfolgungsjagden.
Neu ist dieses Mal, dass Indiana Jones mit seiner Patentochter zusammen nach dem antiken Dingsbums sucht, und dass er doch einigermaßen in die Jahre gekommen ist. Ich fand es dabei irritierend, dass zwischen der Anfangshandlung mit einem digital stark verjüngten Harrison Ford, die Anfang der 40er spielt, und der Haupthandlung im Jahr 1969 nur ca. 25-27 Jahre vergangen sind. Und trotzdem ist Indiana Jones in dieser Zeit gut 40 Jahre gealtert. Das haute nicht ganz hin. Warum die Haupthandlung nicht zu Anfang der 80er Jahre angesiedelt ist, erschließt sich nicht so ganz. Vielleicht wegen der Mondlandung, die spielt am Rand eine kleine Rolle. Na ja.
Das soll jetzt aber nicht heißen, dass der Film grottenschlecht ist. Er ist durchaus unterhaltsam trotz seiner Länge von über 2,5 Stunden. Gerade für Indiana-Jones-Fans ist der Film spaßig und lustig und kann mit Nostalgiefaktor punkten.
Fazit: Kann man sich angucken, aber man verpasst auch nicht allzu viel, wenn man den Film nicht sieht.
3. „Operation Fortune“ von Guy Ritchie
„Operation Fortune“ von Guy Ritchie enthält eigentlich alle Zutaten für einen unterhaltsamen Actionfilm: irgendeine wahnsinnig komplizierte, unheimlich geheime Waffendingstechnologie, die die ganze Welt ins Chaos stürzen kann, gerät sie in die falschen Hände. Ein Haufen Haudegen, die ebendies zu verhindern trachten. Markige, coole Sprüche mit einer Prise Humor. Und Jason Statham. Allerdings sind diese Ingredienzien hier recht lieblos und ohne Charme zusammengerührt, sodass der dabei entstehende Action-Eintopf nicht besonders originell daherkommt und auch die Spannung auf der Strecke bleibt.
Tatsächlich wissen selbst die Protagonisten in der Geschichte die meiste Zeit über nicht, worum es eigentlich geht. Der Auftrag an Jason Statham und sein Team lautet buchstäblich: „Finden Sie erstmal heraus, worum es sich handelt, und verhindern Sie, dass es in die falschen Hände gelangt.“ Also, wenn das mal nicht die Mutter aller McGuffins ist – allerdings wird Hitchcock schon gewusst haben, warum seine McGuffins immer etwas konkreter waren als „Joa, wir wissen auch nicht genau, was da geklaut wurde, aber das war eine ganz große Sache.“ Es klärt sich dann zwar irgendwann in der zweiten Filmhälfte auf, worum es sich handelt, aber bis dahin ist man schon mittendrin in der Handlung.
Leider nahm der Film sich trotz der vereinzelten Frotzeleien zwischen den Figuren streckenweise viel zu ernst. Dadurch wirkten die vielen verprügelten und erschossenen Statisten und Nebenfiguren zu „echt“ und zu brutal. Ja, eigentlich ist das auch bei lustigeren Actionfilmen so, auch bei Bud Spencer und Terrence Hill kriegen sämtliche Nebenfiguren und Statisten ordentlich eins auf die Zwölf. Das ist aber so übertrieben und überspitzt, dass alle immer wissen, dass das gespielt ist. So kann man das dann auch unterhaltsam finden. Bei „Operation Fortune“ aber gelingt das so nicht.
Ansonsten rauscht der Film durch die Handlung und von einem Ort zum anderen, ohne sich groß mit Charakterzeichnung, Plot oder einer gewissen Handlungslogik aufzuhalten. Aber gut, das muss ein Actionfilm ja auch nicht. Wenn die Dialoge witziger und pointierter gewesen wären und man nicht komplett im Ahnungslosen schweben würde, worum die eigentlich alle so ein Gewese machen, wäre das vielleicht auch gar nicht weiter aufgefallen.
Die Schauspieler machen ihre Sache dann aber wieder ganz passabel, den Umständen entsprechend. Hugh Grant ist wunderbar schmierig und widerlich als notgeiler Lustgreis-Waffenhändler, Josh Hartnett als dümmlicher Filmstar ist ganz witzig, die Frau (es gibt nur eine, die von Belang ist) gibt sich schlagfertig und clever, Jason Statham ist Jason Statham. Nichtsdestotrotz hätte man mit dem Cast auch mehr draus machen können mit einem besseren Drehbuch.
Fazit: Na ja. Muss man nicht gesehen haben, kann man sich aber im Streamingdienst mal reinziehen, wenn nichts anderes läuft.
2. „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ von Peyton Reed
„Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ von Peyton Reed ist ein langweiliges CGI-Püree mit schlechtem Drehbuch, hölzernen Dialogen und routiniert bis uninspiriert agierenden Schauspielern. Obwohl der Film mit gut zwei Stunden relativ knapp für einen Marvel-Film ist, kommt er einem langatmig und zäh vor. Entsprechend bin ich auch ziemlich früh weggeratzt.
Aber ich habe hinterher meinen Mann gefragt, der wach geblieben ist, er hat auch nicht verstanden, warum der Bösewicht so sauer und was genau sein Problem war. Also habe ich wohl nichts verpasst. Jedenfalls, dafür, dass das laut Filmstarts der neue Thanos werden soll, fand ich den Schurken jetzt nicht so furchteinflößend, weil ich mich die ganze Zeit gewundert habe, welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist, und was der denn eigentlich will, und warum er den Helden der Geschichte ans Leder wollte. Ich meine, es ging irgendwie um Rache (Janet, die Mutter von Hope „The Wasp“, hatte wohl irgendeinen Zwist mit ihm in den 30 Jahren, die sie im Quantuversum gefangen war). Vielleicht auch um Weltherrschaft. Oder Zerstörung. Oder alles.
Ansonsten treffen unsere Helden auf drollige Gestalten, die vom Bösewicht unterdrückt werden und sich von ihm befreien wollen, und da helfen unsere Helden dann mit. Das natürlich mit viel Brimborium und Radau und ab und zu einen flotten Spruch. Die Charakterzeichnung der Figuren bleibt dabei durchweg flach und an der Oberfläche.
Fazit: Och. Den kann man sich sparen. Wenn man ihn doch schauen will, hier noch ein Tipp: bis ganz nach dem Abspann sitzen bleiben.
1. „Manta Manta – Zwoter Teil“ von Til Schweiger
„Manta Manta – Zwoter Teil“ von und mit Til Schweiger erfüllt alle Erwartungen an einen Til-Schweiger-Film und ist somit wirklich sehr schlecht. Mal sehen, wo fange ich am besten an … bei der Handlung. Die ergibt keinen Sinn und lässt jede Logik vermissen. Es beginnt damit, dass man Bertie mit dem Fahrrad fahren sieht und dann wird er von einem jungen Blödmann im schicken Auto doof angepöbelt und ins Maisfeld gedrängt. Aber er hat sich bei dem Sturz ohne Fahrradhelm überhaupt nichts getan, sondern taucht kurz darauf gewohnt übellaunig beim Idiotentest auf. Der Mann, der da sitzt, verarscht ihn nur, und dann kriegt er seinen Führerschein einfach so wieder, weil … weiß ich nicht. Er ist halt Til Schweiger äh Bertie Katzmann und das steht halt so im Drehbuch (an dem übrigens Til Schweiger selbst und noch sechs weitere Autoren dran herumgestümpert haben) und deswegen bekommt er eben eine Extrawurst und außerdem braucht er seinen Führerschein für den weiteren Verlauf der hanebüchenen Handlung.
Bertie hat jedenfalls in den letzten 32 Jahren offenbar überhaupt nichts gelernt und nichts auf die Kette gekriegt und ist schon wieder / immer noch völlig pleite und hoch verschuldet. Und anstatt seine Werkstatt zu verkaufen und sich als Automechaniker irgendwo anstellen zu lassen und mal erwachsen zu werden, hält er es für die beste aller Ideen, bei einem Rennen mitzumachen. Er hat aber kein Auto dafür. Deswegen klaut er dem Onkel von einem seiner Angestellten einen Motor, um ihn bei sich ins Auto einzubauen. Aha. Seine Angestellten haben übrigens schon seit Monaten kein Gehalt bekommen, halten aber trotzdem zu ihm und finden ihn toll. Warum? Weiß kein Mensch, ergibt keinen Sinn, ist auch egal. Uschi hat sich klugerweise von Bertie scheiden lassen, warum sie ihn überhaupt erst geheiratet hat, ergibt auch keinen Sinn, ist aber auch egal. Zwei Kinder gibt’s inzwischen auch, das muss so sein, denn schließlich muss ja mindestens eine von Til Schweigers Töchtern in einem Til-Schweiger-Film mitspielen, so will es das Gesetz, sonst stirbt irgendwo ein flauschiger Baby-Panda. Oder so. In diesem Fall ist es Luna und sie hat definitiv des Vaters Schauspieltalent geerbt.
Die beiden nuscheln sich gekonnt durch die grauenhaften Dialoge, Plattitüden, Gemeinheiten und Kalendersprüche und die anderen Schauspieler passen sich dem Niveau an. Michael Kessler kann’s ja eigentlich besser, aber sein Klausi ist einfach so trottelig-dumm konzipiert, dagegen kann er dann auch nicht anspielen. Er ist der Prügelknabe in der Geschichte und bekommt ständig auf die Fresse, weil das ist lustig. Nehme ich an. Ach so, und dann verliebt er sich völlig random in die Cousine von dem einen Angestellten, die 25 Jahre jünger ist, und sie findet ihn auch sofort supertoll, aber warum und wie versteht auch kein Mensch. Der Sohn von Bertie ist ein verantwortungsloser Idiot, der in eine blöde Kuh verliebt ist, die ihn nur ausnutzt, was total offensichtlich ist, aber er merkt das nicht. Aber in seiner Klasse (er holt an der Abendschule sein Abi nach) ist noch eine bebrillte Brünette, die ein Nerd ist, weil sie bebrillt und brünett ist, und die steht aus unerfindlichen Gründen auf ihn und er dann auch auf sie und dann ist alles gut. Der eine Angestellte von Bertie gabelt zwischendurch auch eine Freundin auf. Warum auch immer, nachvollziehbar ist es nicht, verliebt sich Uschi wieder in Bertie und kehrt zu ihm zurück.
So oder so geht am Ende alles gut aus, Logiklöcher, unsinnige Figurenmotivationen und fehlende Schlüssigkeit hin oder her.
Wie für einen Til-Schweiger-Film von und mit Til Schweiger, der auf einem Til-Schweiger-Drehbuch beruht, üblich, dienen alle anderen Figuren und Schauspieler ohnehin nur dem einzigen Zweck, Til Schweiger abzufeiern und zu huldigen und allen zu zeigen, wie großartig und toll er bzw. sein filmisches Alter Ego ist. Das ist auch hier wieder der Fall, was zu erwarten war. Ich verstehe nicht, warum Til-Schweiger-Filme immer so viel Filmförderung bekommen und ich verstehe auch nicht, warum die Filme immer noch kommerziell erfolgreich sind. Es ist immer derselbe Film mit wechselndem Titel und das Til-Schweiger-Alter-Ego heißt auch immer anders. Und es spielen auch nicht immer alle seine Töchter mit. Ansonsten ist alles wie gehabt: Genuschel, Kitsch, Kalendersprüche, Gesülz und Geschnulz, jubelnde Til-Schweiger-Entourage, Instagram-Filter-Bilder, ganz viele Nahaufnahmen und Schuss-Gegenschuss-Dialogszenen, inflationäres und offensichtliches Product Placement, ein Look wie aus einer Bierwerbung … und kein nennenswerter Inhalt. Voller Filmfehler ist das Ganze obendrein übrigens auch noch.
Fazit: Wer Til-Schweiger-Filme mag, dürfte auch gegen diesen Film nichts einzuwenden und vielleicht sogar Vergnügen dran haben. Wer nicht, kann sich das Geld sparen.